Umgang mit dem Unbekannten üben

“Zeitgenössische bildende Kunst als Gast im Unterricht – das ist das Orientierungsmodell, das wir den Unterrichtenden der Fächer Religion, Ethik oder Philosophie gerne nahe legen würden. Und so wie George Steiner es beschreibt, ist diese Umgangsform ja selbst schon ein unmittelbar inhaltliches Moment der genannten Unterrichtsfächer: Es geht um den einzuübenden Umgang mit dem Unbekannten und dem Fremden, um das Lernen des Vertrautmachens und Vertrautwerdens. Was er hier vorschlägt, ist, das Kunstwerk wie einen unbekannten Gast, einen Fremden zu empfangen und willkommen zu heißen, ihn im vorsichtigen Gespräch zu fragen, wo er herkommt, wohin er möchte und welche Geschichten er zu erzählen hat.“

Andreas Mertin, Karin Wendt, Mit zeitgenössischer Kunst unterrichten, Göttingen 2004, S. 89