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Lilian Moreno Sánchez, „Serie Passionszyklus“, 2001
© Lilian Moreno Sánchez

Katharina von Alexandrien – Zeugnis für den Glauben

Ein dreiteiliges Bild in warmen Gelbtönen offenbart sich unseren Augen. Auf einem kostbaren Damaststoff präsentieren sich uns von rechts nach links eine reichgewandete Frau mit einem Schwert, ein aufgeschnittener Tierkörper und eine monstranz- ähnliche Goldschmiedearbeit. Alle drei Darstellungen zeigen sich durch den teilweise grauen Hintergrund, der allerdings von hellen gelben Elementen aufgebrochen ist, als fototechnische Reproduktionen. Die Künstlerin malt in Verbundenheit mit der Bildtradition, Altes hervorholend und durch neue Anordnung aktualisierend.

Die Seitenflügel dieses „Triptyk“ sind mir von ihrer Form her vertraut. In der Frau erkenne ich am Attribut des am Boden liegenden zerbrochenen Rades die heilige Katharina von Alexandrien (Ägypten). Der Legende nach war sie eine bildhübsche, gescheite Königstochter, die ihr Leben Christus geweiht hatte. Weder durch gelehrte Überzeugungskunst noch durch grausame Folterungen ließ sie sich von ihrem Glauben an Gott abbringen. Im Gegenteil, ein Gegner nach dem andern trat durch ihr Zeugnis zum christlichen Glauben über, zuletzt auch die Kaiserin. Vor Wut ließ Kaiser Maxentius darauf Katharina die Brüste abreißen und sie dann enthaupten.

Der lateinische Text am unteren Bildrand nimmt darauf Bezug: Erubuit fucito olim facro ubere Virgo, Hinc pudor atg; dolor praemia bina ferent. – Als ihr einst die heilige Brust abgeschnitten worden war, errötete die Jungfrau vor Scham; daher brachten ihre Scham und ihr Schmerz zweifachen Lohn. In der Darstellung ist Katharina heil geblieben. Zeichen für die Integrität ihres Glaubens? Schamhaft blickt sie auf das Schwert, mit dem sie enthauptet worden war. Ihr Unteram und ihre Hand weisen auf das Fleischstück in der Mitte, das ein Symbol für den „tierischen“ leiblichen Schmerz sein mag, den sie bei den Folterungen durchmachen musste.

Faszinierend finde ich die Lichtgestalt, die sich links vom Kadaver befindet, diesen überragt und sich von der ohnedies farblich hervorgehobenen Fläche absetzt. Verweist sie uns durch ihre Transzendenz auf die Verklärung des Leibes bei der Auferstehung? – Der erste Lohn?

In der Verlängerung von Katharinas Arm nimmt im Gerippe des Fleischstücks eine divergierende Linie ihren Anfang, die das Geschehen rechts mit der Goldschmiedearbeit auf der linken Seite verbindet. In dem monstranzähnlichen Reliquiar werden die leiblichen Überreste von Heiligen aufbewahrt und den Gläubigen gezeigt (monstrare) für die persönliche Verehrung. – Der zweite Lohn?

Das Reliquiar zeigt uns auf seiner Schauseite im zentralen Medaillon David, der König Saul zur Erheiterung die Harfe spielt und dazu Loblieder von Jahwe singt. Reliquien wie jene von Katharina von Alexandrien sind so etwas wie ein Lobpreis Gottes und für alle, die sie schauen und von ihr hören, eine Ermutigung auf dem Lebens- und Glaubensweg.

Das aus vielen Einzelteilen zusammengesetzte Bild erinnert mich nicht nur an den Glaubensmut von Katharina von Alexandrien, sondern ermutigt auch mich, Stück für Stück durch die verwirrende Vielschichtigkeit unseres Glaubens hindurch allen Prüfungen standzuhalten. Ewiges Leben ist dem verheißen, der vertraut, dass Gott allezeit mit ihm ist und ihn nie verlässt. Schöne und kunstvoll gemalte dekorative Elemente, die durch ihre betonte Vergoldung unseren Blick auf sich ziehen, verdeutlichen das. Letztlich geht es nicht um das Vordergründige, Sichtbare, sondern um das Hintergründige, das allem innewohnende unsichtbar Grundgebende, das uns einen beständigen Halt gibt.

Ausführliches Interview mit Lilian Moreno Sánchez anlässlich ihrer Ausstellung zum “Aschermittwoch der Künstler” 2013 in Hildesheim

Patrik Scherrer, 14.02.2004

Lilian Moreno Sánchez

„Serie Passionszyklus“
Entstehungsjahr: 2001
Mischtechnik, 180 x 260 cm
Foto: Wilfried Petzi
© Lilian Moreno Sánchez

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