Metapher zu Leben und Tod
Luftballone erinnern mit ihren leuchtenden Farben und ihrer Leichtigkeit an kindliche Freude und ausgelassenes Leben. Wir verbinden sie mit Jahrmarktstimmung oder einem Fest. Solche farbigen Luftballone während der Fastenzeit in einer Kirche anzutreffen, erscheint auf den ersten Blick deplatziert. Ob sie aus der Faschings- oder Karnevalszeit oder von einem Kindergottesdienst hängen geblieben sind? Auffallend viele violette Ballone verweisen allerdings auf die vorösterliche Zeit der Besinnung und Umkehr.
In wolkenähnlichen Gebilden hängen, ja schweben die Ballone über dem Altar und verdecken das barocke Hochaltarbild. Was für ein Kontrast zur bestehenden Einrichtung: Hier leuchtend bunte, dort gedämpfte Farben, die einen erfüllt Leichtigkeit, die anderen bodenständige Schwere. Die Luftigkeit steht im Gegensatz zum fassbaren Material des Hochaltars, ebenso sind den beiden die Zeit und damit die Vergänglichkeit ganz unterschiedlich eingeschrieben.
Die Ballone stechen ins Auge, fordern zur Betrachtung heraus. Noch sind sie prall mit Luft gefüllt, glänzen und leuchten verzaubert im Licht. Sie vermitteln das Bild von erfülltem Leben. Aus Erfahrung wissen wir, dass ein winziger Nadelstich oder eine Berührung dieses aufgeblasene Wunderwerk zum Platzen bringen kann. Dann ist die Luft weg – ein paar Plastikfetzen bleiben übrig. Im besseren Fall entweicht ihre Luft langsam, lässt die dünne Plastikhaut schrumpfen und Falten bilden. Der Ballon wird dadurch immer kleiner, seine Farben matter, er unansehnlicher.
Parallelen zum menschlichen Leben werden offensichtlich. Straffe Haut, glänzendes Aussehen sind auch bei uns ein Thema. Früher oder später durchziehen Falten die individuelle Schönheit und das sichtliche Nachlassen der Körperkräfte lässt das Alter spüren. Nach und nach bleibt die Luft weg, die Atemreserven für große Leistungen schwinden. Langsamtreten ist angesagt, Haushalten mit den verbleibenden Kräften. Nicht nur im Alter. Unsere Leistungsgesellschaft fordert von uns oft derart viel, dass wir uns bis zur Erschöpfung verausgaben.
Dann kann es uns wie den Ballonen gehen und wir machen die Erfahrung, dass unser Leben oft an einem seidenen Faden hängt. So bringen die vielfarbigen Luftballone auf ungewöhnliche Weise unsere zerbrechlichen und vergänglichen Lebensbedingungen ins Blickfeld. Im Verlauf der Fastenzeit zeigen sie verkürzt den Lebenslauf des erfüllten Lebens, dem zu Beginn noch große Sprünge möglich sind, dann jedoch immer mehr die Luft ausgeht. Die Installation macht klar, dass dies ein ganz individueller Prozess ist. Und sie betont durch ihre Platzierung im Chorbereich, dass Schrumpfen und Kleinwerden nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch Gewinn. Denn nun entstehen Durchsichten auf das Dahinterliegende, das vorher Verborgene, den Hintergrund.
Kirk Sora
St. Peter und Paul in Dürbheim
Farbige Luftballone, Nylonfäden
Foto: Dr. Ferdinand Messner
© beim Künstler
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