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Otto Zech, o. T., 2004

Begegnung

Eine Lichtlandschaft in weichen Brauntönen begegnet uns in diesem Triptychon. Der gleiche Aufbau des Hintergrunds – eine vertikal durchgehende, breite, helle Mittelzone verändert sich zur Seite hin in ein sanftes Braun – verbindet die drei Bildtafeln miteinander. Die Betrachtung wird dadurch auf die drei zentral angeordneten Figuren gelenkt, die durch den pastosen Farbauftrag auf dem lasierenden Grund zu materiellen und dadurch sichtbaren Erscheinungen einer ansonsten schwer fassbaren Welt werden.

Die beiden seitlichen Darstellungen sind von einfacher Gestalt. Der kopfartige Schwerpunkt im untersten Bereich der beiden Figuren und der nach oben auslaufende Farbauftrag erweckt den Eindruck zweier von oben kommender, schwebender Wesen. Ihre sehr schlichte Darstellung ermöglicht es, in ihnen einen Ausdruck von ansonsten immateriellen, also geistigen Wesen zu sehen. Ihre symmetrische Anordnung lässt sie zudem als ehrende oder bewachende Begleiter des komplexeren Geschehens auf der mittleren Tafel wahrnehmen.

Mit Farbe und anderen Substanzen ist hier ein hervorgehobener Bereich geschaffen worden, der sich angesichts der unklaren Begrenzung jeglicher räumlicher Definition entzieht. Aber durch seine ausgewogenen Proportionen, die schwebende Einordnung im Bildraum und die zarten Farben strahlt dieser Bereich eine außerordentliche Ruhe aus. Hier drin geschieht etwas, das in sich stimmig, im Einklang ist.

Zwei skizzenhaft angedeutete Personen lassen an eine Begegnung denken. Die linke, größere Gestalt ist deutlich zu erkennen, auch wenn es verwirrt, dass sie gleichzeitig steht und kniet. Ihr Kopf und ihre Schultern werden von einem rotbraunen Quadrat mit lebendigem Farbenspiel umgeben, das den Eindruck erweckt, ein Ausdruck der in der Person vorgehenden Gedanken und Gemütsbewegungen zu sein. (Detailbild) Die Farbbereiche umgeben in freien Formen den Kopf und scheinen durch die nach außen zunehmende Schattierung vom immateriellen, nur durch eine lichte Aufhellung betonten Gesicht auszugehen. Ihr gegenüber vermögen wir eine zweite Gestalt zu erfassen. Ihr Oberkörper und Kopf scheinen aus dem Nichts aufzutauchen.

Aus der Anordnung der beiden Menschen geht hervor, dass sie aufeinander ausgerichtet, miteinander geistig verbunden sind. Ihre sehr flüchtige Erscheinung lässt an eine spirituelle Begegnung denken, bei der die innere Einstellung und ihre Haltung mehr als viele Worte zählen. Die Betonung ihrer Köpfe durch einen zweiten Kreis könnte einen Schutz darstellen, aber auch bedeuten, dass die gleichen geistigen Werte sie auszeichnen und vereinen. Die unterschiedliche Ausgestaltung und Größe der beiden Personen lässt einen ungleichen Dialog vermuten, bei dem Ersterer aus dem Vollen schöpfend Werte und Erfahrungen an den ihm Zuhörenden zu vermitteln scheint. Diese Vorstellung der Wertevermittlung wird unterstützt durch das Symbol der Weisheit, das neben dem Kopf der stehenden Person in der Silhouette einer Taube gesehen werden kann. Sie bringt zum Ausdruck, dass Inspiration und Erkenntnis Geschenke sind.

So weist das Triptychon für mich darauf hin, dass geistige Begegnungen besondere Orte der Weitergabe von Lebenserfahrung und Weisheit sind. In ihnen wird das Sichtbare und Oberflächliche auf das Unsichtbare und Grundlegende, Wesentliche hin durchdrungen. Gerade in einer materiell geprägten Welt brauchen wir solche geschützten Räume und müssen solche Begegnungen stattfinden, weil in ihnen ein Austausch geschehen kann, der über des Menschen Horizont hinausgeht und wertvolle Orientierung und einen neuen Maßstab für die Gestaltung seines Lebens bringen kann.

Ein Werkbuch mit Bildern und Texten von Otto Zech mit dem Titel „FRAGMENTE“ kann direkt bei der Herausgeberin, Stephanie Roos, bezogen werden: stephanie.roos@web.de

Patrik Scherrer, 19.05.2007

Otto Zech

o. T.
Entstehungsjahr: 2004
Mischtechnik auf Leinwand,
3 x 80 x 100 cm, Foto: Schmidt-Dominé, Düsseldorf,
© Otto Zech
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