Freizeit
Eine Hose wurde locker auf den Stuhlsitz geworfen, ein Mantel mehr oder weniger ordentlich über die Stuhllehne gehängt. Vom Stuhl selbst sind nur die beiden Vorderbeine und etwas von der Rückenlehne zu sehen. Ansonsten ist er von den beiden abgelegten Kleiderstücken eingekleidet. Unten die Hose, hinten herum und über der Lehne der Mantel. Damit kommt die Anordnung von Hose und Mantel derjenigen bei uns Menschen nahe. Noch menschlicher wird die Holzskulptur dadurch, dass der rechte Ärmel in die Manteltasche mündet. So wird der Eindruck eines Eigenlebens geweckt.
Doch der Besitzer und Träger der Kleider ist abwesend. Er hat sie wahrscheinlich abgelegt, um sie später wieder anzuziehen. Genauso wie viele nach der Arbeit den Overall oder die Businesskleider ausziehen und sich legere Hauskleider anziehen. Oder so wie viele beim Zubettgehen ihre Kleider über einen Stuhl legen, um sie am nächsten Tag wieder anzuziehen.
Die Holzskulptur verweist also auf einen temporären Kleiderwechsel. Diese ergeben sich meistens aus den Anforderungen neuer Tätigkeiten und Aufgaben. Manchmal schützen wir uns durch Kleider, dann wieder machen sie aus uns „Leute“. Welche Wahl wohl der Besitzer dieser Kleider getroffen hat? Die abgelegten Kleider geben nur den Hinweis, dass er nun in einem anderen Outfit unterwegs ist. Von diesen Kleidungsstücken ausgegangen, ist er nun „verkleidet“, so wie das viele nicht nur in Zeiten des Faschings tun. Vielleicht ist es aber auch genau umgekehrt und der Besitzer der Kleider kann ohne sie endlich wieder ganz sich selber sein und tun und lassen, was er will.
Damit berühren die wirklichkeitsnah aus dem Holz herausgearbeitete Hose und der Mantel alltägliche Situationen. Sie verweisen auf unsere ganz menschliche Gewohnheit, immer wieder die Kleider zu wechseln. Die Skulptur zeigt ruhende Kleider. Kleider, die nicht im Einsatz sind. Als solches sind sie Symbol für uns. Nach konzentriertem Arbeiten, einem langen Tag, nach einer mehr oder weniger langen Woche bedürfen wir immer wieder unterschiedlich langen und unterschiedlich gestalteten Auszeiten, um Abstand von unseren vielen Aktivitäten zu gewinnen und uns zu erholen und zu regenerieren. Da sind wir froh, wenn wir die Arbeit niederlegen und die Hände nichts tuend in die Taschen stecken können. Sich umzuziehen und die Kleider auf den Stuhl zu legen ist dann eine äußere Geste für die innere Umstellung in den Freizeit- und Erholungsmodus. Ein schöner Anblick, ein wohltuendes Gefühl.
Ansicht von vorne
Ansicht von rechts
Alexander Hintersberger
Höhe ca. 87 cm
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