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Christel Holl, Empfangen - geboren , 2006
© Beuroner Kunstverlag

Gottesmutter – Menschensohn

Abstrakt und mit einfachen Formen und Farben erzählt dieses Bild dem interessierten Betrachter seine Geschichte. Eine Geschichte, die von der Spannung der beiden Bildhälften und dem Geschehen in seiner Mitte lebt. Die blaue Farbe steht im Gegensatz zum feurigen Rot darüber. Und beide scheinen sich seitlich und nach oben oder unten endlos auszubreiten. Doch in der Bildsituation begegnen sie sich als stille Förderer und Zeugen einer einzigartigen Begegnung, die sich zwischen der tiefen weißen Schale und dem goldenen Quadrat ereignet. Von der waagrechten weißen Trennlinie unsichtbar gehalten scheint es in der bewegten Offenheit des Halbkreises zu schweben und gleichzeitig in seiner Mitte zu ruhen: Von oben geschenkt, von unten empfangen, von beiden gehalten.

Doch von wem oder was ist hier die Rede? Was haben die Symbole und Farben zu bedeuten? Die horizontale Zweiteilung weist auf Himmel und Erde hin, das satte Rot auf die leidenschaftliche Liebe Gottes, die sich im Lichtstrahl kraft des Geistes offenbart und nach unten in die weiße Schale ergießt. Im tiefen Blau kommt unsere Erde als blauer Planet zur Sprache. Die Farbe kann aber genauso als Symbol für das Wasser als schöpferischen Ursprung allen Lebens gedeutet werden wie für den unergründlichen Glauben. In dieser Schöpfung nimmt der nach oben offene Halbkreis eine Sonderstellung ein. Durch die weiße Farbe wird Reinheit angedeutet. An der Oberfläche getragen und sich ausbreitend, kommt immerwährende Offenheit und Bereitschaft zum Ausdruck, das Göttliche in sich zu empfangen, aufzunehmen und zu bewahren.

So wird die vorbildliche Haltung Mariens dargestellt, ihr JA auf Gottes An-Spruch in die Zeit, dass sein ewiges WORT in ihr Menschengestalt annehmen solle. Für IHN steht das goldene Quadrat in der optischen Mitte des Bildes. Gold steht dabei für das Göttliche, Unvergängliche, Höchste, die Quadratform für seine irdische Gestalt. Ganz Gott und ganz Mensch vereint er Himmel und Erde, bringt er allen Orientierung und Frieden, die ihn wie Maria in sich aufnehmen und ihm Wohnung geben. In ihnen erfüllt sich, was Jesus zu Beginn der Bergpredigt verkünden sollte: „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen.“ (Mt 5,3.8)

Einfach
und voll Spannung
unten und oben
nicht einerlei.
Die Erde
Werk des Schöpfers
unten elementar ausgestreckt.
Feuer der Liebe
Fülle des Geistes von oben
darin verborgen-offenbar
ein Strahl von Licht
aus der Höhe nach unten.
Die Schale,
offen und horizont-weit
eingesenkt in die Welt
erhoben darüber hinaus für das Licht
reine, lichte Offenheit
„immerwährende Empfängnis“.
Das Ewige WORT
empfangen
von Maria, der Jungfrau:
Ja.
Maria, Gabe an die Welt
Zuwendung Gottes
An-spruch in die Zeit
reine Empfängnis
Geschenk zur Freiheit
WORT von oben:
„Gott-mit-uns“
Ant-wort von unten:
„Mir geschehe nach deinem Wort“
für die Welt.

(Lyrik von P. Meinulf Blechschmidt in Sehen – Glauben – Leben. Gedanken zum Glaubensbekenntnis, Beuroner Kunstverlag, Beuron 2007, S. 19, ISBN 978-3-87071-166-5)

Patrik Scherrer, 01.01.2011

Christel Holl

Empfangen - geboren
Entstehungsjahr: 2006
Ganzer Titel: "Empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria", Acryl auf Papier, 30 x 30 cm, Bild 3 von 15 aus dem Zyklus: „Glaubensbekenntnis“
© Beuroner Kunstverlag

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