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Hilde Reiser, Das Ja zu Gottes Willen, 2016
© Peter Stengele

Licht vom Himmelsthron

Unser Blick wird durch eine leicht abgewinkelte rechteckige Öffnung auf ein lichtes Geschehen geführt. In der rechten unteren Ecke sitzt eine junge Frau mit einem Kleinkind auf dem Schoß. Sie sind vom sonnengelben warmen Licht durchdrungen, der Kopf des Kindes ist umgeben von einem Heiligenschein. Auf sie beide zeigt von oben ein übergroßer Finger, der sich bald als Engel offenbart, dessen Flügel wie ein Strich auf Jesus und Maria deuten. In dieser Direktheit vermag man die Stimme Gottes zu hören, wie sie bei der Verklärung aus den Wolken zu den anwesenden drei Jüngern sagte: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 17,5).

Gleichzeitig ist man versucht, in dem Engel Gabriel zu sehen, der zu Maria hinuntersteigt und ihr ankündigt, dass sie auserwählt wurde, den „Sohn des Höchsten“ in sich zu tragen und zur Welt zu bringen. Das Kind wäre in diesem Fall eine Visualisierung des Zukünftigen.

Gegenüber von Jesus und Maria neigt sich auf der anderen Seite der bühnenartigen Darstellung eine dreiteilige Menschengruppe ins Bild hinein. Auch sie sind Randständige. Ihre Schräglage kann sich auf ihre Lebenssituation beziehen, aber auch als ein sich ins Licht hineingeben. Sie trauen sich, die Dunkelheit zu verlassen und sich vom Licht erfassen zu lassen. Damit neigen sie sich gleichzeitig Jesus zu und verneigen sich vor ihm. Denn das Licht, das vor ihnen her gezogen ist, weist nun in Gestalt eines Engels auf den lang Ersehnten und Gesuchten. Wunderbar ist die Offenheit, mit der die Künstlerin die Begegnung darstellt. Aus der Darstellung geht nicht hervor, ob es sich um die drei Könige handelt, die zu Jesus kamen, um ihm die Ehre zu erweisen und ihn anzubeten.

So klar die drei Personengruppen in einer Dreieckanordnung erkennbar sind, so werfen doch die beiden braunroten Elemente beidseits des Engels Fragen auf. Mit ihren dunklen Farben haben sie etwas Bedrohliches an sich, das über dem Kind schwebt. Sie muten wie Schatten oder Vorboten des Leids an, welches Jesus später zu ertragen und durchleiden hat. Links mag ein Kreuzesbalken angedeutet sein, rechts eine spitzige Waffe.

Überwältigend an diesem Bild ist jedoch das intensive, warme Licht. Es lässt die 3. Strophe des Adventsliedes „Tauet, Himmel, den Gerechten“ (GL 474) hören, in der es heißt: „Und in unsres Fleisches Hülle kommt zur Welt des Vaters Sohn. Leben, Licht und Gnadenfülle bringt er uns vom Himmelsthron. Erde jauchze auf in Wonne bei dem Strahl der neuen Sonne, bald erfüllet ist die Zeit, macht ihm euer Herz bereit! Bald erfüllet ist die Zeit, macht ihm euer Herz bereit!”

Marias Herz war bei der Ankündigung durch den Engel bereit gewesen. Durch ihr bedingungsloses Ja zu Gottes Willen wurde sie Mutter. Aus der Frau am Rande wurde sie zur Mutter von Gottes Sohn. Für uns Menschen ist sie Schwester. Und Vorbild zu unserem Ja zu Gottes Willen. Sie ist uns Hilfe auf unserem Weg der Erwartungen und der Suche, auf unserem Weg zu Gott …

Lassen wir uns hineinnehmen in die Gnaden-, Licht- und Lebensfülle vom Himmelsthron, mit der Jesus alle beschenkt, die Ja zu ihm sagen.

Patrik Scherrer, 06.01.2018

Hilde Reiser

Das Ja zu Gottes Willen
Entstehungsjahr: 2016
Öl auf Papier, 79 x 59 cm, Foto: Frank Müller fm-foto
© Peter Stengele

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