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Uwe Appold, Ich bin die Tür (Joh 10,7), 2004
© Uwe Appold

Tür zum Leben

In einem doppelten Quadrat tritt uns das Bild gegenüber. Der Grund ist in flammendem Orange und Rot gehalten, lediglich im oberen Bereich ist er mit kräftigem Grün durchsetzt. Die quadratische Form wie die mit Sand durchsetzte Malfläche verweisen symbolisch auf die Erde. An verschiedenen Stellen sind stilisierte Pflanzenmotive zu erkennen, welche Bezüge zu Bäumen und Pflanzen herstellen und Gedanken an einen Garten, ja das Leben ganz allgemein, zulassen.

Die orangefarbene Fläche signalisiert feuriges Leben und könnte auch für die Freude darüber stehen, dass unser Planet Erde voller Leben ist. Zudem sind in die Fläche mehrfach die Zeichen I und X eingekerbt, die Anfangsbuchstaben von Jesus Christus (im griechischen Alphabet wird das X als „Ch“ ausgesprochen). Sie mögen zum Ausdruck bringen, dass Jesus ganz Mensch geworden ist und unter uns gelebt hat. Sie können uns aber auch sagen, dass Jesus der Grund der ganzen Schöpfung ist. – So sah es jedenfalls Paulus, wenn er im Römerbrief schreibt (11,36): Denn aus ihm und durch ihn und auf ihn hin ist die ganze Schöpfung.“

Besonders die Mitteltafel weist symbolisch auf Jesus und seine zentrale Position in der Schöpfung hin. Sein Wort „Ich bin die Tür“ aus dem Johannes-Evangelium aufgreifend (10,7), zeigt der Künstler einen stilisierten Türrahmen. Dabei setzt sich die Mitteltafel bereits durch ihre Beschaffenheit – sie ist im Gegensatz zur Leinwand aus Holz – und ihre Malweise – es wurden helle und lasierende Farben verwendet – vom sie „tragenden“ und umgebenden Grundquadrat ab. (Für den Künstler besteht zwischen den beiden Quadraten noch ein drittes, immaterielles Quadrat, welches die beiden Formen trennt, aber auch verbindet.) Dadurch bildet die Mitteltafel, obwohl sie materiell in unseren Raum hineinragt, ein immaterielles Fenster in einen uns gegenüberliegenden anderen Weltenraum. Nicht nur die gemalten Türpfosten, sondern die ganze lichte Mitteltafel laden demzufolge zum Hindurch- und Hineingehen in diese andere Welt in unserer Mitte ein, die in ihren Formen und Farben klarer, geordneter und ruhiger erscheint als ihr Umfeld.

Das Bild weckt die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies und lässt nicht nur durch die formale Verwandtschaft von Türrahmen und Joch die Einladung Jesu aus dem Matthäus-Evangelium (11,28-29) hören: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.“

Jesus offenbart sich als Antithese zur Paradiespforte, durch welche sich die ersten Menschen durch ihre Sünde von Gott und dem von ihm für sie geschaffenen Lebensraum ausgegrenzt hatten (Gen 3,24). Der Gottessohn selbst ist die neue Türe, der neue Durchgang zur Fülle des Lebens (Joh 10,10), wie sie von Gott im Paradies für die ganze Schöpfung angelegt war. Nur Er kann dieses Eingangstor sein, weil er selbst Gott ist und daher von „innen her“ den Weg öffnen kann. Das seitenverkehrt unter der Mitteltafel stehende lateinische Wort „est“ scheint uns Jesus von der anderen Seite her zuzurufen. Er, der ganz und gar „ist“, ruft uns in die Fülle des Seins – durch die neue Beziehung und Verbundenheit mit Gott.

Dies bedeutet keine Distanzierung von dieser Welt. Der in der Mitteltafel beginnende und den Torbogen durchquerende Weg führt über die unseren weltlichen Lebensraum symbolisierende Grundplatte hinaus in die Höhe, in die geistige Welt. Bezeichnenderweise ist dieser Weg in einem satten Grün gemalt, der Farbe des neuen Lebens. Jesus ist „die Tür“ zum erfüllten Leben, er führt die ganze Schöpfung zur Vollendung – in ihm.

Patrik Scherrer, 21.01.2006

Uwe Appold

Ich bin die Tür (Joh 10,7)
Entstehungsjahr: 2004
Acrylfarben, Sand und Blattgold auf Leinwand und Schichtholz,
222 x 222 cm, Mitte 70 x 70 cm erhaben
© Uwe Appold

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