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Hannes Arnold, Klaus-Dieter Eichler, 5. Kreuzwegstation, 2005

Zuwendung

Ein Mann, der Uniform nach ein Soldat, neigt sich über einen am Boden liegenden und von einer Wolldecke bedeckten Menschen. Sein Gesicht liegt im Schatten. Durch seine dunkle Hautfarbe ist er als Afrikaner identifizierbar, aber es ist schwer zu sagen, ob es sich um ein Kind oder einen Erwachsenen handelt. Der Soldat umfasst mit beiden Händen den Kopf des Gegenübers, um ihn zu stützen, zu schützen und auch zu wärmen. Der wenige Hintergrund lässt Sandboden erkennen: Strand oder Wüste? Ist der Mensch gestrandet oder heimatlos? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es sich um einen Flüchtling handelt, der für ein besseres Leben alles aufs Spiel gesetzt hatte und nun erschöpft darniederliegt. Am Ende seiner Kräfte wird er von einem Soldaten umsorgt, der abgeordert war, sich der illegalen Einwanderer aus Afrika zu wehren. Zum Kampf mit Waffen ausgebildet, legt er hier seine Herzenswärme in die Waagschale. Er hat Landesgrenzen zu verteidigen und Menschen zurückzuweisen, doch er überschreitet jegliches Anderssein und macht sich diesem Nächsten nahe. Er könnte töten, doch er setzt alles daran, das Leben dieses Menschen zu retten.

Das auf Glas reproduzierte Pressefoto öffnet dem Betrachter – wie auf den anderen 14 Stationen dieses Kreuzwegs – die Augen und schärft seinen Blick für das Leid und den Schrecken, wie sie uns täglich durch die Medien ins Haus gebracht werden: Hier das Flüchtlingsdrama an der Meerenge von Gibraltar. Die Künstler haben die Fotos mit einem diagonalen Strichraster versehen, der die Bilder geringfügig verfremdet und den Betrachter veranlasst, zum einen Abstand zu nehmen, zum anderen genauer hinzuschauen, um das ursprünglich Dargestellte zu sehen.

Alle Kreuzwegstationen sind zudem von einem breiten roten Glasstreifen aus “Antikglas” gezeichnet, der sich in unterschiedlichen Positionen transparent über die Bilder legt. Er verbindet das gegenwärtige Leiden mit dem Leiden Jesu, denn er bringt den vertikalen Kreuzbalken ins Blickfeld, die Farbe des vergossenen Blutes in die ansonsten farblosen Darstellungen. Gleichzeitig künden sie durch ihre Farbe Gottes liebende Gegenwart an, die stets größer ist als die jeweilige Situation. Transparent über dem Foto angebracht, vermitteln sie sein tröstendes Dasein in unseren schwersten Stunden, sein Mitgehen und Mitleiden in allen menschlichen Abgründen.

Die Farbstreifen können aber auch Einladung an uns sein, wie der Soldat uns mit unserer Liebe in die Nähe der Notleidenden zu bringen, durch unsere Zuwendung uns über sie zu beugen, ihnen durch unsere Anteilnahme beizustehen und ihr Leid zu teilen, sie dadurch zu entlasten. Wir alle sind aufgerufen, für das Leben zu kämpfen, das eigene und das unserer Schwestern und Brüder. Damit allen Freiraum, freier Raum, in dem das Leben befreit aufatmen kann, geschenkt wird. Die jedes Bild umgebende Leerfläche könnte Ausdruck dieses Grundrechts sein, das ihre Sehnsucht erfüllt und uns Pflicht ist, ihn zum Wohl aller Menschen auszufüllen.

Vom ganzen Kreuzweg ist ein kostengünstiges Büchlein mit 64 Seiten erschienen, in dem alle Bilder erklärt werden: Atelier Arnold + Eichler, Kreuzweg, Paperback, 64 Seiten im Format 12 x 14 cm, beidseitig ausklappbarer Umschlag mit Innendruck, 19 Farbabbildungen, Pagma-Verlag 2005, Euro 5,- / sFr 7,50, ISBN 978-3-9810758-0-9,
www.pagma-verlag.de

Patrik Scherrer, 10.03.2007

Hannes Arnold und Klaus-Dieter Eichler

Atelier Arnold + Eichler

5. Kreuzwegstation
Entstehungsjahr: 2005
aus dem Kreuzweg der Kath. Kirche Herz Jesu, Uffenheim

Fotos fototechnisch auf Floatglas sandgestrahlt,
40 x 40 cm, rotes Antikglas,

© Ioni Laibarös, Berlin / Atelier Arnold + Eichler, Nürnberg

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