Verlassen?

Ein ungewöhnlicher Kreuzweg: Nur aus sieben Stationen bestehend, zeigt er nicht Jesus auf seinem Leidensweg, sondern einen einzelnen Menschen zwischen geometrischen schwarzen und roten Farbfeldern. Die Bedeutung der einzelnen Elemente ergibt sich durch ihre Veränderung von Tafel zu Tafel, der Sinn dieses besonderen Kreuzwegs aus der Gesamtschau.

Da ist der Mensch. Seine Darstellung mit wenigen flüchtigen Strichen erinnert an seine Vergänglichkeit. Am Anfang hat er noch den Arm erhoben, die Worte andeutend, die neben ihm zu sehen sind: „Mein Gott, mein Gott …“. Er lebt noch unbeschwert – seine Füße haben keine Bodenhaftung –, unbedrängt und mit freier Sicht. Sein Scheitel überragt gerade noch die Wand in seinem Rücken und vor ihm bleibt genügend Abstand zur erst hüfthohen schwarzen Wand.

Und nun beginnt der Weg der Veränderung. Die Gestalt wird von Bild zu Bild kleiner, als wüchse sie in den Boden hinein. Die rechte Wand wird höher und höher, bis sie die linke überragt. Beide Wände rücken immer näher zusammen, bedrohlich den Lebensraum einengend, kein Entkommen mehr ermöglichend, die Luft zum Atmen abschnürend.

Im ersten Bild kann man den dünnen Kontraststreifen am rechten Bildrand leicht übersehen. Er ist ebenso rot wie das kleine Quadrat auf dem Brust- oder besser Herzbereich der menschlichen Gestalt. Beide roten Flächen verändern sich: Der anfangs rote Strich wird immer breiter und dient als Grundlage für sechs weitere Elemente, mit denen er Schicht für Schicht aufgestockt wird. Ebenso wenig wie der Mensch anfangs Bodenhaftung hatte, berühren sich die einzelnen Schichten nicht, sondern scheinen im Reich des Möglichen zu schweben. Das Rote im Menschen verändert sich anders: Je mehr ihn die Wände bedrohen und einengen, erfüllt es den noch verbleibenden Lebensraum zuerst nach unten und wächst dann nach oben weit über die Gestalt hinaus.

Wofür stehen die Farben? Das tiefe Schwarz wohl für Bedrohung, Bedrängnis, Not, Leid und Verlassenheit – darum die Frage der Verzweiflung, die sich handschriftliche über der rechten Wand durch die ersten vier Bilder zieht: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2; Text unter den Bildern ist Anm. d. Autors). Die Gegenfrage im fünften Bild: Ist sie in dieser Situation nicht eine maßlose Provokation? Sicherlich für den Betroffenen. Aber für uns „Außenstehende“ erklärt sie den Sinn der roten Kontrastfarbe, die offenbar für Gottes oft so verborgene und dennoch existierende Anwesenheit in unserem Leben steht: Für seinen Beistand, seine Hilfe und Rettung, vor allem aber für Vertrauen und Liebe. Damit wird seine Frage eine trostvolle Frage.

Aus der sechsten, unbeschrifteten Tafel spricht großes Schweigen. Die Bedrängnis ist am größten. Man spürt die Stille des Todes, aber gleichzeitig deutet sich kaum wahrnehmbar eine Wende an: Die bis dahin sich nach rechts neigende Silhouette steigt zum ersten Mal wieder an.

Und auf der siebten Glasscheibe dann die Befreiung, die ultimative Antwort Gottes auf Leid und Verzweiflung, auf Hoffnung und Vertrauen. Die roten Farbschichten füllen nun die Hälfte der Bildfläche. Aufgetürmt auf dem Grundstock des Vertrauens sind sie nun zwar auch nicht miteinander verbunden, aber gehalten von dem alles umfassenden orangefarbenen Licht, das den Hintergrund der Bildfläche erfüllt. Eingebunden in dieses warme Licht steht der Mensch größer und fester als je zuvor da, „gekleidet“ in die Wesentlichkeit seines Vertrauens: Gott. Frei von Bedrängnis schaut er – wahrscheinlich voller Verwunderung – auf die sieben roten Balken, die für ihn zuvor verdeckt waren. Als neue Wirklichkeit stehen sie kraftvoll der an den Rand gerückten dunklen Vergangenheit gegenüber und bieten dem Auferstandenen ungekannte Perspektiven …

… und auch uns. Denn dieser auf Glas gemalte Kreuzweg will Durchblicke in existenziellen Fragen geben, Zuversicht und Hoffnung bezüglich des Lebens danach. Vielleicht hat die Künstlerin ihn deshalb auf transparenten Glasscheiben mitten in den Raum gestellt. – Er soll nicht an den Rand gedrängt oder an die Wand gehängt werden, sondern zentral in unserem Leben stehen – wegen seiner Bedeutung für das ewige Leben. Deshalb sollte jeder für sich, für sein Leben und in seiner Situation diese Botschaft vom Kreuzweg zu entziffern und zu begreifen versuchen …

amo ergo sum

Amo – ergo – sum steht von oben nach unten gelesen unter den drei Bildtafeln, die gegen unten immer ausladender und deren beide Hauptdarsteller immer formatfüllender werden. Ihre geschwungene Form ist nicht nur außen bewegt, sondern lebt auch im Innern durch das Spiel der Farbnuancen. Die beiden Formen mögen an Wellen erinnern, aber auch Assoziationen an stilisierte Vogelköpfe oder erotisches Spiel auslösen. Letztlich zeichnen sie auf abstrakte Weise den Weg der Liebe: Ihre Existenz und ihre Bewegung, die mittels Annäherung, Berührung und Gemeinschaft bildende Verbundenheit in ihrer Mitte Neues entstehen lässt.

Im Gegensatz zum “Cogito ergo sum – ich denke, also bin ich” des Philosophen Descartes steht bei Sr. Claudia Krämer das christliche “amo ergo sum – ich liebe, also bin ich.” Mit diesen drei Worten hat sie das zentrale Anliegen Jesu meditativ ins Bild gebracht: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst! Daraus resultiert, wie Jesus es gegenüber dem Gesetzeslehrer formuliert hat, das Leben (vgl. Lk 10,25-28).

Wie die Schrift ist auch das Spiel der beiden Formen aus der Hand der Künstlerin „geboren“. In der obersten Bildtafel thematisieren sie die Begegnung. In der Annäherung ist die gegenseitige Anziehungskraft zu spüren, aus der eine herzliche Zuneigung hervorgeht. Das eine Element kommt von oben, vom Himmel, das andere von unten, von der Erde her. Das eine ist schon groß im Bild, während das andere erst am Kommen ist.

In der Mitte sind die beiden Formen schon stärker im Bild. Der weiße Freiraum ist weniger geworden. Die untere „Welle“ ist aufgestiegen, die obere „Welle“ hat sich auf die untere herabgesenkt, ohne dass eine der beiden dominieren würde. Durch die Berührung und die stellenweise Überlagerung hat die Begegnung an Intimität gewonnen. Sie lassen sich aufeinander ein und binden sich aneinander.

In der untersten Bildtafel wird die Einheit zum Ausdruck gebracht, die aus dieser liebenden Verbundenheit entstanden ist. Beide Elemente nehmen gleich viel Platz ein. Sie sind beide im „Kopf- und Bauchbereich“ auf den anderen eingegangen und geben durch die Überlagerung (gemeinsame Interessen?) der Beziehung Halt und Beständigkeit, gleichsam die Worte aufgreifend: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken.“ (Lk 10,27)

In der Mitte dieser beiden „Liebenden“ offenbart sich als „Frucht“ das neue Leben: Ein Menschenkopf. Aus dem Zentrum der liebenden Vereinigung heraus wird der Mensch geboren und erhält darin seine Geborgenheit. Auch als Erwachsener. Hat die Künstlerin ihn deshalb so nachdenklich dargestellt? Weil wir unser ganzes Leben lang Werdende sind? Gerade durch die Liebe? Die Spitze der roten, ihn umgebenden Form weist auf seinen Kopf, sein Denken hin, die Spitze der rosafarbenen Form auf seine Brust und seine Liebe , als wollten sie sagen: Liebe! – und du wirst das Leben in Fülle erfahren.

Gott im Menschen

Befände sich das Glasfenster nicht in einer katholischen Kirche, käme wahrscheinlich niemand auf den Gedanken, seine Thematik mit Maria in Verbindung zu bringen. Denn es zeigt sich uns in abstrakten Formen: in einander überlagernden blauen Flächen in den Seitenbereichen, in transparenten Glasstäben in der Mitte. Die Dreiteilung springt ins Auge, ebenso die Verjüngung des hellen mittleren Bereiches. Die blaue Farbe mag an Maria erinnern, kann aber auch für die Nacht stehen oder als Farbe des Himmels interpretiert werden, welche die vertikale Lichtgestalt umgibt.

Dieser ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückte Bereich erscheint uns wie ein Lichtkorridor, der von oben nach unten das Glasfenster durchquert. Glasstäbe scheinen in dichter Fülle in ihm nach unten zu schweben. Die meisten sind transparent, einige gelb oder blau. Die Ansammlung von farbigen Stäben wie deren horizontale Anordnung erdet die „Niederkunft“ der Stäbe, gibt ihnen eine Basis. Der Lichtkorridor kann daher als Gefäß gesehen werden und – durch die Verengung in der Mitte – als vereinfachte Darstellung der weiblichen Taille.

Dadurch wird auch in der Mitte des Glasfensters die Sicht auf Maria frei, welche durch die Botschaft des Engels in ihrer Körpermitte das „Licht der Welt“ (Joh 8,12) empfangen und ihm eine temporäre Wohnstatt geschenkt hat. Durch das weiße Licht, die schwebende Anordnung der Glasstäbe sowie durch die drei Glasschichten wird wiederholt auf die Transzendenz Gottes hingewiesen, der sich durch die Menschwerdung seines Sohnes sinnlich erfahrbar gemacht hat. In der Stabform kommt einerseits die Botschaft des Herolds zur Sprache, andererseits transportiert der Glasstab selbst das Licht von einem Ende zum anderen.

Die Vielzahl der Stäbe mag auf die Gnadenfülle hinweisen, mit der Maria durch Gott gesegnet worden ist. Der einzelne Stab hingegen auf Jesus, der in seinem öffentlichen Leben immer wieder auf seinen Vater hinwies und sich bezüglich seiner Mission transparent zeigte: „Wer an mich glaubt, glaubt nicht an mich, sondern an den, der mich gesandt hat, und wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“ (Joh 12,44-46)

Das Glasfenster von Hella Santarossa lädt zur Meditation über das Werden Gottes im Menschen Maria wie in uns ein. Die schwebenden Stäbe suggerieren ein aktuelles Geschehen. Die über das ganze Fenster verstreuten kleinen Glasstücke in kristallinen Formen lassen an die Stille des Schneefalls denken und dass sich die Menschwerdung Gottes leise und kaum wahrnehmbar nur dem aufmerksamen, wachen Geist offenbart.

In der gleichen Kirche befindet sich von Hella Santarossa ein beachtenswertes Auferstehungsfenster von 120 qm (Detailansicht der Glaslichtstäbe).

Gelobt sei mein Herr …

Um die neun Meter erheben sich die Fenster der gotischen Franziskanerkirche in Rothenburg ob der Tauber in die Höhe. Allein schon ihre Dimensionen erheben den Lobpreis der Gläubigen zu Gott. Mit dem Sonnengesang des Franziskus fügen sich die Fenster in diese Bewegung des Gebetes ein, es als Lobgesang aufnehmend und verstärkend. Dabei bleibt die Gestaltung mit den ruhigen Formen und den weiß-gelb-braunen Farbtönen zurückhaltend, um den Beter nicht abzulenken.

Im unteren Drittel geben drei dunklere Flächen der Fensterfront erdendes Gewicht. In der Mitte das Grab von Bruder leiblicher Tod, links der Herd von Bruder Feuer, rechts die waagrechten Schichten von Mutter Erde. Über die das Mittelfenster krönende Rosette fällt warmes gelbes Licht ein. Symbol und Ehrung von Schwester Sonne, die für Franziskus Gleichnis des erhabenen Gottes ist.

Zur Fenstermitte hin wird das gelbe Licht immer weißer und endet über dem Grab in einer mächtigen quadratischen Erscheinung. Weiß ist für Johannes Schreiter das Zentrum aller Farben und Synonym für Transzendenz, für Gott und vor allem für Jesus Christus, das Licht der Welt (Joh 1,4-5; 8,12). In dem dieses Licht groß über dem Grab aufleuchtet, kündet es von der göttlichen Kraft, die Toten zum Leben zu erwecken und – wie es das im Dunkeln des Grabes keimende Samenkorn verrät – zur Herrlichkeit Gottes zu führen.

Gleichzeitig zeigt die weiße Erscheinung in der Mitte des Sonnengesang-Fensters, dass Gott als Urheber des Lebens mitten in seiner Schöpfung gegenwärtig ist und sie erhaltend durchdringt, ja wie das breite weiße Band am Fuße des Fensters andeutet, auch trägt und verbindet.

Nur auf der Basis der göttlichen Liebe vermögen wir Menschen mit Franziskus den Lobgesang auf Gottes Werke anzustimmen. Der Künstler hat uns symbolisch in den gelben stimmgabelgleichen U-Formen auf diesem weißen Band dargestellt: In unserer Menschlichkeit geerdete, durch unsere Sehnsucht langgestreckte, mit unserem Durst nach Begegnung zutiefst offene Wesen. Im Mittelfenster ist die gleiche Form übergroß wiederzufinden, als wolle die Schöpfung mit gutem Beispiel vorangehen, Gott dort in sich aufzunehmen, wo wir am schwächsten und vergänglichsten sind, im Sterben und im Tod.

In den Seitenfenstern überall das Geflecht, welches das göttliche Licht durchscheinen lässt. Noch können wir Gott nur durch seine Spuren in der Schöpfung erkennen und von ihm in Bildern sprechen. Mit Bruder Feuer und Wind (Luft) zur Linken, und Schwester Wasser und Erde zur Rechten hat Johannes Schreiter die Urelemente der Schöpfung dargestellt. Sie singen Gottes Lob als Wärme spendende und verwandelnde Flammen, als der aus den Wolken hervorbrechende Sturm oder schlichtweg als der von oben kommende Atem Gottes, der Heilige Geist, der alles belebt. Sie preisen Gott als aus den dunklen Wolken heruntertropfende Wasserbäche, welche die Samen zum Keimen und Wachsen bringen, als verheißungsvolles Erdreich, in dem die Pflanzen tiefe Wurzeln schlagen können, um dann an der Oberfläche reiche Frucht zu bringen.

Auffallend ist, dass alle Elemente nur angedeutet sind. Sie sind in ihrer Sanftheit dargestellt, als den Menschen zu Diensten stehende, wohldosierte, nicht zerstörende Kräfte. Gleichzeitig kommt damit aber auch ihre Zerbrechlichkeit und Anfälligkeit zum Ausdruck. Wie der heilige Franziskus schon treffend zum Ausdruck brachte, sind alle Geschöpfe unsere Schwestern und Brüder, haben wir für Feuer, Luft, Wasser und Erde Sorge zu tragen, stehen wir in einer Mitverantwortung wie für unsere eigenen Geschwister!

 

Du höchster, mächtigster, guter Herr, Dir sind die Lieder des Lobes,
Ruhm und Ehre und jeglicher Dank geweiht; Dir nur gebühren sie,
Höchster, und keiner der Menschen ist würdig, Dich nur zu nennen.

Gelobt seist Du, Herr, mit allen Wesen, die Du geschaffen,
der edlen Herrin vor allem, Schwester Sonne,
die uns den Tag heraufführt und Licht mit ihren Strahlen,
die Schöne, spendet; gar prächtig in mächtigem Glanze:
Dein Gleichnis ist sie, Erhabener.

Gelobt seist Du, Herr,
durch Bruder Mond und die Sterne.
Durch Dich sie funkeln am Himmelsbogen
und leuchten köstlich und schön.

Gelobt seist Du, Herr,
durch Bruder Wind und Luft
und Wolke und Wetter,
die sanft oder streng, nach Deinem Willen,
die Wesen leiten, die durch Dich sind.

Gelobt seist Du, Herr,
durch Schwester Quelle:
Wie ist sie nütze in ihrer Demut,
wie köstlich und keusch!

Gelobt seist Du, Herr,
durch Bruder Feuer,
durch den Du zur Nacht uns leuchtest.
Schön und freundlich ist er am wohligen Herde,
mächtig als lodernden Brand.

Gelobt seist Du, Herr,
durch unsere Schwester, die Mutter Erde,
die gütig und stark uns trägt
und mancherlei Frucht uns bietet
mit farbigen Blumen und Matte.

Gelobt seist Du, Herr,
durch die, so vergeben um Deiner Liebe willen
Pein und Trübsal geduldig tragen.
Selig, die’s überwinden im Frieden:
Du, Höchster, wirst sie belohnen.

Gelobt seist Du, Herr,
durch unsern Bruder, den leiblichen Tod;
ihm kann kein lebender Mensch entrinnen.
Wehe denen, die sterben in schweren Sünden!

Selig, die er in Deinem heiligsten Willen findet!
Denn Sie versehrt nicht der zweite Tod.
Lobet und preiset den Herrn!
Danket und dient Ihm in großer Demut!

Befreiung

Drei geometrische Farbformen prägen dieses Glasbild: Das goldorange Rechteck, das ihm eingeschriebene rote, quadratförmige Band sowie das weiß-graue Rechteck in der Mitte. Mehrere  frei gezogene, die Farbflächen durchquerende Linien vervollständigen einen ersten Eindruck.

Den freien Glasbildern von Johannes Schreiter haftet etwas Spontanes, Bewegtes an. Ich vermute, dass dies von den frei gezogenen schwarzen Linien herrührt, die der Künstler mit großer Sicherheit um und durch die Farbflächen gezogen hat. Wie bei einer Skizze ragt die Linie mal über die Ecke hinaus oder ist sie wie korrigiert verdickt. Manchmal ist sie unterbrochen, mal fleckenartig konzentriert, dann löst sie sich in einem wunderbar feinen Verlauf im Nichts auf. In allen Ecken sind zudem auflockernde, die Strenge der Ecken brechende Elemente zu entdecken: Überragungen, Einbiegungen, Einrundungen, lochartige Verdoppelungen, Einbrüche, usw. Gekonnt hat hier ein Meister seines Faches mit den Linien gespielt, sie gleichsam zu Leben erweckt. Denn wo das Auge des Betrachters auch hinschaut, lassen die Linien ihn Leben, Lebendigkeit und Begegnungen erfahren.

Hintergrund für das Geschehen bildet ein goldgelbes Rechteck, dessen Fläche mit seinen sanften Farbverläufen ebenfalls voller Leben ist. Erdige Gelbtöne bewegen es unentwegt. Diese rechteckige Form trägt oder umfängt in ihrem Innern ein blutrotes, quadratisches Band. Zur linken Seite hin dunkler gestaltet, antwortet ihm auf der rechten Seite ein schmaler dunkler Streifen. Oben ist das Band zudem überdeckt (oder durchbrochen) durch eine grau-weiße Fläche, die sich durch den auslaufenden Farbübergang von oben her in den zentralen gelben Farbraum ergießt. Wie von der Macht dieses Einbruchs ausgelöst, bricht gelbe Farbe auch durch die Basislinie der roten Fassung hindurch, wird allerdings von zwei Linien aufgefangen.

Diese grau-weiße Fläche verändert die ganze Komposition: Die von oben her zentral in das Bild hereinbrechende Lichterscheinung lässt aus dem goldenen Rechteck eine U-Form werden, aus dem quadratförmigen Band zwei sich gegenüberstehende Klammern.

Aus dem bisher in sich selbst ruhenden und geschlossenen Raum ist nun durch die weiße Einsenkung plötzlich eine in ihrer Mitte und nach oben offene Form entstanden, bereit zu empfangen. Ob da der Künstler an den Menschen gedacht hat, der von Gottes Gnade überrascht sich staunend Gottes lichtvoller Gegenwart in seiner Lebensmitte öffnet? Das rote Band der Liebe hat durch das göttliche Du ein ihm entsprechendes menschliches Du in der Horizontale gefunden.

Die schattenhafte schwarze Figur, die federleicht am Ende einer Linie schwebt und mit ihrer untersten Ausformung mystisch den zentralen Spannungspunkt aller Linien und Formen berührt, kann nun zu einem symbolischen Samenkorn werden. Tot geglaubt, bricht es alles durch die Berührung von Oben auf und durchzieht es mit feinen Äderungen des Lebens.

Vom Licht ergriffen

In gelbes Licht gehüllt zeigt sich dem Betrachter ein mehr- schichtiges Geschehen auf dieser kleinen quadratischen Glasplatte.

Zentral changiert ein lateinisches Kreuz mit einer menschlichen Gestalt. Weder Beine noch Arme sind zu erkennen. Der Oberkörper ist lediglich durch eine breitere Strichführung zu erahnen. Eigentlich weist nur der von einem rötlichen Heiligenschein umgebene Kopf auf den Menschen hin, der durch seinen Erlösungstod untrennbar mit dem Kreuz verbunden wurde: Jesus!

Bei diesem Kreuz spricht nichts von den Leiden, die er durchmachen musste. Farben und Formen wie das alles durchdringende Licht sprechen vielmehr von der Überwindung des Kreuzes: der Auferstehung. Das vorherrschende Gelb kündet von der Verherrlichung Jesu (vgl. Joh 17,1) durch seinen Vater. Jesus ist das Licht der Welt, das alle Menschen erleuchtet und das nun durch seinen Kreuzestod offenbar geworden ist (vgl. Joh 8,12; 1,9).

Die ganze Darstellung ist weiter in die breite Form eines Taukreuzes (T) eingebettet, welches als Zeichen der von Gott Auserwählten und Beschützten (Ez 9,3-6) gesehen werden darf. Jesus ist der geliebte Sohn, an dem der Vater Gefallen gefunden hat. (vgl. Mt 3,17). Und Petrus verkündet in seiner Pfingstpredigt: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt …, er ist durch die rechte Hand Gottes erhöht worden.“ (Apg 2,32-33). Dieses Taukreuz erscheint mir wie ein Thron, von dem aus Jesus die Weisheit Gottes verkündet. Von Kindheit an hatte seine Weisheit zugenommen (vgl. Lk 2,52) und in ihm als Gekreuzigter offenbart sich „Gottes Kraft und Weisheit.“ (1 Kor 1,23-24)

Auch die untere Hälfte der Mandorla, die den Oberkörper von Jesus umfängt, weist über die Kreuzigung hinaus auf die Auferstehung. Der Gekreuzigte wird von einer Macht, die sich „vom Himmel her“ voller Erbarmen (blaue und rote Farbe) über ihn neigt, ergriffen und in sie aufgenommen. Die Mandorla ist hier als eine der archetypischen Formen des Weiblichen zu verstehen, als Hinweis, dass Jesus aus dem Geschehen der Kreuzigung heraus zu neuem, himmlischen Leben “wiedergeboren“ wurde.

Hat die Künstlerin vielleicht deshalb den Leib Jesu nur strichartig dargestellt? Weil nicht seine irdische Form für uns wichtig sind, sondern was dieser Leib durchgemacht hat, welche Worte und Erfahrungen sich in diesen Leib eingeschrieben haben? Insofern kann der Anblick dieses Auferstehungskreuzes dem Gläubigen frohe Erinnerung sein, dass er in der Taufe auf den Tod Jesu begraben, mit Christus aber auch durch Gott zu neuem Leben in seinem Geist auferweckt ist (vgl. Röm 6,4). Dieses Glasbild mag still daran erinnern, dass Himmel und Erde sich in jedem Menschen berühren und durchdringen – und dass es an uns ist, Gott für sein Geschenk der rettenden Zuneigung zu antworten: wie eine aufbrechende Blüte oder ein in den Himmel wachsender Baum!

Gehalten!

In quadratischer Form präsentiert sich uns diese Kreuzwegstation aus Glas. Eingelassen in das Mauerwerk der Kirche bildet dieser Kreuzweg  Übergänge zwischen dem Äußeren und dem Inneren der Kirche und vermag den Gläubigen gerade in schweren Stunden wahre Lichtblicke zu schenken. Alle Kreuzwegstationen scheinen bereits vom Licht der Auferstehung durchdrungen.

In der 13. Station sind die Kreuzabnahme und das Hinabsteigen zu den Toten zusammengefasst. Beiden gemeinsam ist die Abwärtsbewegung. Mehr Skelett als Leichnam ist eine menschliche Gestalt mit ausgebreiteten Armen erkennbar, wie ganz unten auf dem Meeresgrund schwebend. Es muss Jesus sein. Das Kreuz ist ihm noch nahe, das ihm durch das Kreuz aufgebürdete Leid und der Schmerz verlassen ihn nicht so schnell und prägen weiterhin seinen Körper.

Die beiden aus dem Zentrum einer Spirale hervorgehenden Linien suggerieren, dass Jesus auch in den Tiefen des Totenreiches von Gott Vater und Heiligem Geist gehalten wird. Seine Arme bilden die Basislinie eines gleichschenkligen Dreiecks, das auch durch seine Helligkeit Symbol für die göttliche Dreifaltigkeit ist. Dieses Dreieck bildet wie eine Taucherglocke ein schützendes Hausdach, den (Über-)Lebensraum in den Tiefen der Erde. Die offene Form beinhaltet eine Sogwirkung nach oben. Jesus ist hinabgestiegen, um alle Menschen an sich zu ziehen (vgl. Joh 12,32), sie zu retten und seinem Vater zuzuführen (vgl. Joh 6,39f; 10,27f).

Jesus ist hinabgestiegen in das Reich des Todes. Das Blau suggeriert die Tiefe des Meeres, aber durch die leichte Wellenbewegung spiegelt sich im Wasser bereits der Himmel und kündigt sich seine Herrlichkeit zur Rechten des Vaters an (Mt 26,64). Ein intensiver heller Lichtstrahl verbindet denn auch die ärmliche Gestalt Jesu mit dem oberen Teil des Bildes, führt ihn dort hinauf, wo über der Erde nach einer verregneten Nacht eben die Sonne aufzugehen scheint.

So wenig das Bild an traditionelle Bilder von Kreuzabnahmen oder Jesu Hinabstieg zu den Toten erinnert, so erzählt es doch in einer neuen Sprache von diesem zentralen Wesenszug des christlichen Glaubens. Dem Künstler ist es dabei wie den großen Ikonenmalern gelungen, den Hinabstieg Jesu zu den Toten im Licht der Auferstehung darzustellen, als Sieg Jesu Christi über die Macht des Todes.

Bilden nicht die ausgebreiteten Arme Jesu zusammen mit den beiden Schenkeln des Dreiecks ein Alpha, den ersten Buchstaben des griechischen Alphabetes? Es erinnert mich an Jesu Worte im Buch der Offenbarung, die in „Erfüllung“ gegangen sind: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen, aus der das Wasser des Lebens strömt. Wer siegt, wird dies als Anteil erhalten: Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn [oder meine Tochter, Anm. d. A.] sein.“ (Offb 21,6-7)

Auf der Website des Künstlers (sein Name links unter dem Bild ist verlinkt) finden Sie alle Kreuzwegstationen.

Österlicher Auftrag

Hinter der schwarzen Silhouette des Kreuzes erhebt sich farbenfroh das lebendige Licht der Auferstehung. Ostern, Auferstehung des Herrn, Grundstein des christlichen Glaubens wird hier gestalterisch gefeiert.

Beeindruckend sind die geometrischen Formen, die sich farblich mit menschlichen Figuren und ihren Bewegungen verbinden. Alles ist auf Begegnung zwischen Himmel und Erde ausgelegt. Alles ist vom warmen „Licht aus der Höhe“ durchdrungen, welches seinen intensivsten Ausdruck in den weißen Steifen findet. Die Prophezeiung des Zacharias hat sich erfüllt: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes hat uns das aufstrahlende Licht aus der Höhe besucht, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsere Schritte auf den Weg des Friedens zu lenken.“ (Lk 1,78-79)

In jedem Fenster bilden umlaufende Bahnen (blau, weiß, rosa), die nach oben hin offen sind, eine Art Gefäß oder Erfahrungsraum. Jeder ist mit einer österlichen Begegnung erfüllt, welche ihrerseits nach oben den Rahmen sprengt. Die Osterbotschaft und –freude kennt keine Grenzen!

Doch ganz unten – dem Betrachter am nächsten – weisen die in kühlem Blau gehaltenen Flächen und Menschen auf unsere Suche nach dem Auferstandenen hin. Am frühen Morgen des dritten Tages kommen die Frauen zum Grab (links) und finden es leer vor. Statt dessen begegnen sie einem Engel, der zu ihnen – und damit auch zu uns – vom Himmel her die tröstende Botschaft überbringt: „Fürchtet Euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat.“ (Mt 28,5-6) Der Engel ist ganz rot, weil er im Dienste dessen steht, der ganz Liebe ist und dadurch die Macht hat, Tote zum Leben zu erwecken.

Das mittlere Fenster leuchtet in strahlenden Gelb- und Rottönen, in denen die Liebe und die Barmherzigkeit Gottes ihren Ausdruck finden. Vom Zentrum der Komposition aus strebt ein Engelsreigen nach oben. Er beschreibt den himmlischen Chor der Seraphim, die in Liebe brennend (deshalb auch rot) in immerwährender Anbetung vor Gott stehen. Vollendung und Verherrlichung strahlt dieses Fenster aus – und lädt uns ein, über das Sanctus in der Eucharistiefeier hinaus ins Lob der Engel einzustimmen: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten. Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe!“

Das rechte Fenster erzählt von der Himmelfahrt Jesu. Inmitten des gelben Lichtstroms erscheint Jesus und neigt sich den Jüngern zu mit dem Auftrag: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,18-20) Im Element des Lichtes, das Himmel und Erde verbindet, offenbart sich Christus als das „Licht der Welt“ seinen Jüngern. In seinem Licht sehen sie ihre Aufgabe klar und erfahren sie sich, von Christus gesegnet und mit seinem Heiligen Geist erfüllt (orange), bereit, in aller Welt seine Zeugen zu sein und die frohe Botschaft seiner Auferstehung verkünden zu können.

Viele haben sich von ihrem Zeugnis begeistern lassen und sind selbst zu Zeugen Jesu Christi geworden. So hat Jesu Botschaft uns erreicht … damit auch wir zu seinen Jüngern und Zeugen werden. Wie sieht das bei mir aus? Was habe ich aus der Taufe auf den Namen des dreieinigen Gottes gemacht? Ist in meinem Alltag etwas davon zu spüren – auch durch meine „Nächsten“?

Chaire, Magnifikat, Gaudete

Diese drei Worte und das Glasbild verbindet die Freude. Die Freude über die Größe Gottes, die Freude über das Kommen Gottes in unsere Welt und sein Heilswirken in ihr.

Das Glas ist seit dem Mittelalter Träger von Botschaften. Das unsichtbare Licht strahlt im farbigen Glas auf und verweist z.B. auf die sichtbare Erscheinung Gottes in Jesus. Durch die verschiedenen Sprachschichten hindurch – spürbar durch die doppelte Glasebene – wird der Betrachter an das Geheimnis der Menschwerdung herangeführt und zur Freude, die daraus hervorgeht.

In die Mitte des Bildes ist die Gestalt einer jungen Frau gezeichnet: Maria. Halb verdeckt von der blauen Fläche mit dem Rundbogenfenster und halb kniend, wendet sie sich um und schaut auf das Licht, das in den Raum hereinbricht. Sie versucht zu fassen, was auf sie zukommt. Der Künstler hat dies in dreifacher Form dargestellt.

1) Da ist über Maria die rote flammende Form – verschlüsseltes Bildzitat von Geist und Engel als Träger der Geistbotschaft. Das griechische Wort kaire- freue dich, sei gegrüßt, sei begnadet – verweist  auf die Verkündigung an Maria!

2) Während die rechte blaue Fläche einen Raum andeutet und „geerdet“ ist, stellt die andere blaue Fläche von links oben (wie vom Himmel her kommend) den Menschen Maria in den Brennpunkt der Spannweite zwischen Himmel und Erde. Sie ist im Irdischen verwurzelt ganz auf das Göttliche ausgerichtet und für es offen.

3) Die liebende „Zuneigung“ Gottes wird verstärkt durch die von Leben strotzende goldgelbe Kreisform in schwungvollen Pinselstrichen, Symbol für Gott. Der Heilige Geist kommt leuchtend über Maria und nimmt sie in dieses göttliche Leben hinein, damit „das Kind heilig und Sohn des Höchsten genannt werden“ wird. Stark, was da geschehen ist und wie es lichtvoll in diesem Glasfenster vermittelt wird!

Marias Antwort ist jedoch nicht nur das Fiat, „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,37), sondern auch das Magnifikat (1,46-55) auf die wunderbaren Taten Gottes.

Franz Hämmerle spricht die Umwälzung, die im Magnifikat wie später in der Bergpredigt laut werden, mit zwei Wortzeichen in den beiden horizontal gestreiften „Fenstern“ an. Beat ist links unten erkennbar und heißt „schlagen“. Dieses Wort wird gewandelt in beati = „selig, die Frieden bringen“. Rechts neben Maria ist aus militate = „durch Macht und Gewalt“ das Wort humilitatem geworden, „auf die Niedrigkeit und Demut deiner Magd hast du geschaut“.

Über diese Wandlungen im Menschen und zwischen den Menschen durch das Wirken Gottes dürfen wir uns freuen. Wir dürfen uns freuen, dass dieses Wirken nicht nur Maria galt, sondern allen Menschen, die zu ihm aufschauen. „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmel- reich.“ (Mt 5,3)

Gott erwarten

Drei blaue Senkrechten verbinden das Oben mit dem Unten. Vom Himmel erfüllt, vom Licht durchdrungen, sozusagen. Im Mittelfeld des Fensters werden sie von einem dunkleren, horizontal gegliederten Element überdeckt, das sich in der Mitte für eine dreifache Kreisform mit einer Hand und sieben Sternen darin öffnet. Davor sieben rote Flammen in gelbgoldenen Leuchtern.

Beeindruckend hat der Künstler Helmut Kästl den Anfang der Offenbarung des Johannes mit ganz wenigen symbolischen Elementen ins Bild gesetzt.

Für Gott steht der dreifache Kreis. Gott ist ohne Anfang und ohne Ende. „Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.“ (Offb1,8). Gott ist dreifaltig: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Dieser Gott offenbart sich den Menschen. Seine rechte Hand, ein Zeichen der biblischen Symbolsprache, zeugt von seiner Zuneigung zu den Menschen. In der Offenbarung des Johannes neigt Gott sich den vom römischen Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.) verfolgten Christen zu. Sie sieben roten Flammen stehen symbolisch für die sieben Gemeinden und ihren Glauben.

Zu ihnen werden sieben Engel gesandt, um sie auf die guten und mangelhaften Seiten ihres Glaubens hinzuweisen und in der Treue zu ihrem Gott zu stärken. Wie im Buch der Offenbarung werden auch in unserem Glasbild diese Engel der Gemeinden durch Sterne dargestellt. Bei Gott wohnende Lichtwesen sind sie, als Boten zu den Menschen gesandt. Zärtlich schön hat Helmut Kästl diese Bewegung dadurch dargestellt, dass ein Stern in der Hand Gottes ruht und ein weiterer bereits auf der unter der Hand waagrecht aus dem Kreis herauslaufenden Linie auf dem Weg zu seiner Gemeinde ist.

Diese stehen im Dunkelblau der prüfenden „Nacht“ des Lebens, aber gleichzeitig im sich wellenförmig ausbreitenden Bannkreis der göttlichen Liebe. Die Gemeinden stehen im Grenzbereich, werden umkämpft. Die Engel sollen ihnen zu Hilfe eilen in ihrem Kampf um die Wahrhaftigkeit, die Liebe, die Treue. Wer siegt, dem wird vom Baum des Lebens zu essen gegeben (2,7), sein Name wird nie aus dem Buch des Lebens gelöscht werden (3,5) und er darf mit Christus auf dem Thron Gottes sitzen, so wie auch Christus gesiegt hat und sich mit seinem Vater auf seinen Thron gesetzt hat (vgl. 3,11).

Wo Gott sich offenbarend in die Erde einsenkt, da geht es um viel: um die Lebendigkeit und das vom Geist durchglühte Leben jedes Menschen. Es gehört Gott, er ist sein Schöpfer. Er wehrt sich mit Liebe und Selbsthingabe, wo Menschen und Mächte versuchen, es Ihm wegzunehmen. Steht deshalb vielleicht schwarz und mahnend in der Mitte der göttlichen Offenbarung das über alles hinauslaufende Kreuz?

„Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“, sagte Jesus in seiner Stunde der Entscheidung (Joh 12,32). Solange wir in dieser Welt sind, wird Gott durch seine Boten zu uns sprechen und uns für sein Heilswirken in Jesus Christus sensibilisieren. Wir sind in unseren Kämpfen und Entscheidungen nicht allein, Gott steht uns bei, alle Tage, offenbarend eingesenkt in unser Leben. Das will uns auch diese Advents- und Weihnachtszeit wieder neu bewusst machen.