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Jörgen Habedank, Das Herz der Mitte ist himmelblau, 2022
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Geheimnisvolles Zusammenspiel

Rätselhaft gibt sich die Assemblage aus altem Holz, aufgesetzten Metallteilen und blauem Glas. Die Arbeit aus Fundstücken lebt von Gegensätzen wie rund – eckig, oben – unten, außen – innen, geschlossen – offen, aber auch durch Dreiklänge wie Metall – Holz – Glas oder die drei zentralen Rundformen aus verrostetem Eisenblech.

Bei der Annäherung an das Rätsel bildet die gestemmte Holztür die Grundlage und den Rahmen. Sie formt das rechteckige Pendant zu den drei Kreisformen im oberen Drittel. Im Zusammenspiel erscheinen sie wie ein Haus, bei dem die drei Metallteile das Dach bilden und sich vertraute Elemente wie die Öffnung oder der blaue Glasstein in der Türfüllung wiederfinden. Zwei sich gegenüberliegende flache Bogen betonen die sich nach unten öffnende Bewegung und formen gleichzeitig einen geschützten Innenraum.

Jedes einzelne Element des Werkes ist gleichsam energetisch aufgeladen mit seinem sinnlich-physischen Dasein und seiner Geschichte und weist doch im Zusammenhang darüber hinaus. Die drei Kreiselemente vermögen in ihrer runden Vollkommenheit die Unendlichkeit und die Dreifaltigkeit Gottes anzudeuten. Darunter findet sich in der rechteckigen Tür als Symbol für die Erde als viertes Kreiselement ein rundes Loch, das kreuzförmig mit Flacheisen versperrt wurde und deshalb an den Kreuzestod Jesu erinnert. So wie dieses Loch mit der Öffnung ganz oben korrespondiert, stehen die beiden blauen Glasstücke miteinander im Dialog. Während das obere im Kreis unzugänglich fern wirkt, erscheint das größere, herzförmige Glas näher und durch die offenen seitlichen Bogenformen greifbarer. Senkrecht von oben nach unten betrachtet thematisiert das Werk Entäußerung, Niederkunft, Gestaltwerdung im Herzen der Schöpfung und insbesondere des Menschen.

Denn die Assemblage kann auch als vereinfacht dargestellter menschlicher Oberkörper gelesen werden: Die oberste Kreisform als Kopf, die anderen beiden als Schulterpartie, die knochenartigen hellen Bogen als Rippen des Brustkorbs und gleichzeitig als bewahrende Arme oder große Hände vor dem rechteckigen Oberkörper. Bereits 2008 hat Jörgen Habedank eine ähnliche Assemblage geschaffen, die er „Heilige Umarmung der Welt“ genannt hat. Dieses Umarmende, Beschützende, Geborgenheit und Lebensraum Schenkende kulminiert in dem blauen Herz. Die Beleuchtung intensiviert seine Strahlkraft und lässt es noch lebendiger wirken.

In der Mitte der beiden „Rippenbogen“, die auch als offenbarende und verherrlichende Mandorla oder als symbolische Krippe gesehen werden können, gewinnt das himmelblaue Herz eine besondere Bedeutung: In seiner blauen Farbe schwingt die Symbolik des Saphirs mit, der als Edelstein mit der stärksten Energie gilt und für Reichtum und Weisheit steht. In ihm leuchtet die Weite des Himmels und die Tiefe der Ozeane, geheimnisvoll verborgen auch der Gottessohn.

So verwandeln sich die weggeworfenen Fundstücke durch den Künstler in Objets trouvés und erhalten im Zusammenspiel der Assemblage eine weitere Bedeutung und neues Leben: Die Geburt des Gottessohnes in der Welt und insbesondere in den Menschenherzen andeutend.

 

Die Assemblage war Teil der 82. Telgter Krippenausstellung „Mittendrin“ im RELíGIO, dem Westfälischen Museum für religiöse Kultur in Telgte. Die Ausstellung war mit über 120 zeitgenössischen Ausstellungsstücken bis zum 22. Januar 2023 zu sehen.

Weitere Assemblagen des Künstlers

Patrik Scherrer, 03.12.2022

Jörgen Habedank

Das Herz der Mitte ist himmelblau
Entstehungsjahr: 2022
Assemblage aus altem Holz und Metallteilen, eingesetzte Glasstücke, teilweise hinterleuchtet, 110 x 70 x 10 cm, Foto Stephan Kube
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

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