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Angelika Litzkendorf, Humanus, 2013
© Angelika Litzkendorf

Glühen für Gott

Ein Menschenkopf zeigt sich von der Seite gemalt im Profil. Hals, Kinn, Nase, Stirn und Auge sind zu erkennen. Allerdings sind weder Mund noch Ohren oder Haare zu sehen. Auch die Farben entsprechen nicht der Realität. Alles an diesem Menschenkopf ist nur zeichenhaft gemalt, deutet aber auf einen tieferen Sinnzusammenhang. Diesbezüglich kann dieser Kopf für jeden Menschen stehen, für jede Frau, für jeden Mann. Und es geht offensichtlich nicht um äußere, sondern um innere Wirklichkeiten.

An der Stelle des Auges ist eine blaue, mandelförmige Erscheinung zu erkennen. Farblich korrespondiert sie mit dem Zeichen des Kreuzes im Nacken und den partiellen Umrisslinien auf der linken Seite des Kopfes. Zwei gelbe Linien kreuzen das Auge und verstärken die Dynamik des Bildes von rechts unten nach links oben, vom hellblauen Kreisfragment zur lichten Goldfläche über der Stirn. Denn durch die gelben Linien wird die Mandelform zur Sammellinse, bei der sich parallele Lichtstrahlen in einem Punkt hinter der Linse, dem Brennpunkt, sammeln. Vom Kreuz ausgehend, wird so unser Blick zur leuchtenden Goldfläche gelenkt. Anscheinend ist es das Kreuz im Nacken, das die Sehweise des Gläubigen verändert und die vor ihm liegende Herrlichkeit überhaupt sichtbar werden lässt.

Der leicht nach hinten geneigte Kopf und der sich durch die roten und rötlichen Farben ergebende Viertelkreis unterstützen und verstärken diese Blickrichtung. Dadurch wird das hellblaue Kreissegment kräftemäßig zu einem starken Element, das an den Himmel erinnert und in den helleren Punkten sogar Sternbilder erahnen lässt. Ob es als himmlische Kraft gedeutet werden darf, als Nackenstütze des Glaubens, die Halt gibt und gleichzeitig sanft die Blickrichtung weist?

Erfüllt von den Farben des Feuers und der Glut, wird der Menschenkopf zu einem Lichtbogen. Vom Feuer durchdrungen und beseelt, vom Licht erfüllt, Hell und Dunkel in sich tragend, scheint er voller Spannkraft für Gott zu glühen. Seine Stirn berührt dabei die goldene Fläche und das Licht. Beides sind Symbole für Gott und spirituellen Reichtum, den wir erstreben. „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ (Ps 73,28), schreibt der Psalmist als Quintessenz seiner Überlegungen und Gebete. Dieser Mensch ist Gott ganz nahe. Er darf es sein mit seinen leuchtenden und mit seinen stumpfen Seiten, mit seinem vorausschauenden wie auch mit seinem reflektierend rückwärts gerichteten Blick (dunkle Silhouette in hellrotem Trapez).

Alles in allem überwiegt seine Begeisterung, sein Glühen für Gott. Beinahe meint man ein Lächeln dort zu sehen, wo gar keine Lippen sind. Gottes Geist schenkt Erkenntnis und Leben in Fülle.

Patrik Scherrer, 18.05.2013

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