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Angelika Litzkendorf, Nähe, 2013
© Angelika Litzkendorf

Gott nahe zu sein ist mein Glück (Ps 73,28)

Biblischer Kontext
Wer diese wenigen Worte auch formuliert hat, der muss eine tiefe Erkenntnis in seinem Leben gemacht haben. Sein Bekenntnis ist denn auch das Resultat vieler Beobachtungen, Überlegungen und Glaubenserfahrungen, die im Psalm zum Ausdruck kommen. Nach der Vorwegnahme des Ergebnisses bekennt der Beter gleich: „Ich aber – fast wären meine Füße gestrauchelt, beinahe wäre ich gefallen.“ (Vers 1) Aus den weiteren Versen geht hervor, dass er sich am mühelosen Glück und Reichtum der Gottlosen gestoßen hatte (V 4-12) und zu zweifeln begann, ob die Art und Weise, wie er seinen Glauben an Gott lebt, der richtige Weg ist. Er fragt sich: „Also hielt ich umsonst mein Herz rein und wusch meine Hände in Unschuld. Und doch war ich alle Tage geplagt und wurde jeden Morgen gezüchtigt.“ (V 13-14) Zuerst versuchte er das Problem im Alleingang durch Nachdenken zu lösen, doch erst im Heiligtum seines Gottes wurde ihm seine Situation offensichtlich. In der Zuwendung zu Gott kann er seine Erkenntnis nun als Gebet formulieren, sein Versagen („ich war töricht und ohne Verstand, war wie ein Stück Vieh vor dir“, V 22) als auch seine Entscheidung und sein Vertrauen („Ich aber bleibe immer bei dir, du hältst mich an meiner Rechten“ V 23) bekennen. Mit drei absoluten Aussagen bekräftigt er sein Vertrauen auf Gott. „Neben dir erfreut mich nichts auf der Erde. […] Gott ist der Fels meines Herzens und mein Anteil auf ewig. […] Gott nahe zu sein ist mein Glück.“ Mit dem dreifachen Bekenntnis gibt er seinem Vertrauen in Gott einen unumstößlichen, felsenfesten Charakter, wobei er in der dritten und finalen Aussage seine Glaubenserfahrung nochmals verdichtet. Mit „Gott nahe zu sein ist mein Glück“ bringt er seine wesentlichste Erkenntnis für sein Leben auf den Punkt und bezeugt sie öffentlich als Segen.

Literarische Betrachtungen
Die sieben Worte bilden dabei eine wunderbar symmetrische Komposition. Anfang und Ende des Satzes werden durch „Gott“ und „Glück“ gebildet, Synonyme für unfassbare und vollkommene Lebensfülle. Genau in der Mitte finden wir das Wort „sein“. Zwischen Gott und Glück ist das Sein, die Existenz, das Leben gut aufgehoben. Davor und danach die beiden Beziehungswörter „nahe“ und „mein“. Bei Gott zu bleiben, sich an ihm festzuhalten, ist das Beste, was der Mensch machen und ihm geschehen kann. Denn Gott ist die Quelle und die Erfüllung seines Lebens, ER ist eben sein Glück!

Gedanken zum Bild
Das Bekenntnis des Psalmisten hat Angelika Litzkendorf mit einer spannungsvollen Komposition aus Linien und Farben ins Bild gebracht. Die Grundlage bildet ein liegendes Kreuz aus breiten blauen Linien, das wie eine Krippe runden Formen Geborgenheit gibt. Nach rechts hin steigen aus dem Kreuz wogenartige Elemente hoch, die in ihrem Innenraum ein gelbes und ein rotes Licht über einer glutartigen Unterlage bergen. Die miteinander im Dialog stehenden Lichter befinden sich in der direkten Verlängerung zum gleichfarbigen Lichtbündel, das von oben links in die Bildfläche einbricht. Doch während die Farben von einem klaren Zusammenhang sprechen, lassen ihre Abgrenzungen auf unterschiedliche Lichtträger schließen. So darf das gradlinige große Licht mit den weichen Konturen als Symbol für den dreifaltigen Gott gedeutet werden, während die beiden intensiven Lichter mit klaren Konturen mehr für sein Geschöpf, den Menschen stehen.
Zusammen mit den runden blauen Formen entsteht der Eindruck eines großen Auges, in dessen Mitte die Farben und Formen des lichten Gegenübers aufleuchten. Gleichzeitig glaubt man in das Herz des Psalmisten schauen zu können und seinen Glaubenseifer zu spüren, seine Erkenntnis der lichten Güte Gottes, das Aufleuchten seiner entschiedenen Antwort auf Gottes Nähe zu sehen. Voll und ganz auf Gott ausgerichtet, kann er IHN in aller Freiheit schauen und von ihm angestrahlt und geliebt, gewissermaßen durchdrungen werden. Er hat nichts mehr zu befürchten: Gott nahe zu sein ist sein Glück. Anfechtungen mögen noch so bedrohlich über ihm schweben, er ist im Glauben unerschütterlich mit Gott verbunden.

In seiner Offenheit stellt die Komposition allen Betrachtern die Frage, wie ihr Glaube für Gott brennt. Ist uns das Suchen der Gottesnähe auch ein Bedürfnis? Ist uns das Verweilen und Sein in seiner Nähe ein derart unfassbares Glück, dass wir der Zweisamkeit mit IHM einen so großen Platz einräumen, dass sich daraus das ganze weitere Leben entfalten kann?

Diese Bild war zur Jahreslosung 2013 gemalt worden.

Patrik Scherrer, 22.02.2014

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