Heute wie damals
Übergroß strahlt der vielfarbige Stern in dem Rundbogen des flachen Schreins aus Holz. Er hängt dominant über dem heiligen Geschehen, das Hochhaus hinter sich halb verdeckend und überschattend. Es ist Nacht. Alle Fenster sind dunkel und grauschwarz, so dass darin nur schattenhaft Menschen, Katzen oder Pflanzen zu erkennen sind. Das Fenster am linken Rand bildet ein Ausrufezeichen über der erhöhten, aber verschlossen Türe. Neben dieser weist ein Pfeil nach rechts zu einer ebenerdigen Tür, die geöffnet ist und symbolisch über die Treppe in das Untergeschoss des Hauses führt. Weiter unten weist ein zweiter Pfeil wie bei Fluchtweghinweisen nach links auf einen kleinen Rundbogen. Ihn deutend steht in kyrillischer Schrift darüber „Versteck“ oder „Zufluchtsraum“ im Falle eines Angriffs oder Krieges.
Der Stern ist in den Farben der Personen unter ihm gemalt und bildet dadurch mit ihnen eine Einheit. Maria und der mittlere König tragen die Rottöne der kreuzförmigen Sternachsen, Josef und der König auf der Treppe blaue Gewänder, die mit dem blauen Ring um die Mitte des Sterns harmonieren. Die hellweiße Gewandfarbe des Engels und des rechten Königs findet sich nicht im Stern, sondern im eingewickelten Jesuskind wieder, dem Licht der Welt. Die Heiligenscheine der sieben Personen erscheinen wie Satelliten der goldenen Sternmitte.
Die harmonische Feierlichkeit der modernen Ikone lässt beinahe vergessen, dass sich die Geburt Jesu in der Abgeschiedenheit und Dunkelheit eines Luftschutzkellers ereignet. Andächtig, aber auch sorgenvoll stehen Maria und Josef an der Krippe mit dem Jesuskind, das in seiner Ei-Form den Ursprung des Lebens verkörpert. Die Katze daneben ist froh, dass sie in ihrem Katzenkorb in Sicherheit gebracht wurde und dabei sein darf. Sie trägt einen kleinen, fischförmigen Anhänger am Halsband, dessen ovaler Stein die gleiche Farbe und Form wie das Gesicht des Jesuskindes hat. Ein Verweis auf das griechische Wort Ichtys – dass das neugeborene Kind Jesus auch ihr Retter ist und die Tiere in das Heilsgeschehen mit hineingenommen sind?
Auch die drei Weisen haben mit ihren Gaben den Weg zur Krippe gefunden. Sie sind dem großen Stern gefolgt, sind mit ihm in die Tiefen der Erde hinabgestiegen, um in Jesus das wahre Licht der Welt zu entdecken und ihm zu begegnen. Die auffälligen, blauen Schuhe, die alle Akteure tragen, mögen symbolisch für den Himmel stehen, der sie trägt und führt. Einige stehen mit nachdenklich an den Kopf gelegter Hand an der Krippe, doch alle – bei Maria ist es Jesus selbst – haben etwas für den Gottessohn dabei: Josef einen Apfel als Symbol, dass er ihn nähren wird; die drei Könige Gold, Weihrauch und Myrrhe; der Engel verzaubert die Nacht mit seiner Schalmei.
Die dreidimensionale Ikone erinnert nicht nur inhaltlich an den andauernden Krieg in der Ukraine, an die vielen Vertriebenen, Flüchtigen, Heimatlosen oder nur unter schwierigsten Bedingungen Überlebenden. Sie ist wie eine Ikonostase für die Reise konstruiert, die in Einzelteilen verpackt und mitgenommen werden kann. Die sorgsam hergestellten Schlitz- und Zapfenverbindungen verdeutlichen, dass sich in der Geburt Jesu alles auf wundersame Weise gefügt und zusammengefunden hat. Jesu Geburt im Keller eines einfachen Mehrfamilienhauses vergegenwärtigt Gottes Kommen und seine bleibende Gegenwart unter schwierigsten Rahmenbedingungen. Gott lässt uns nicht allein. Er ist mit uns unterwegs. Er teilt unsere Armut, Ängste und Bedrohungen. Gott möchte durch seine Menschwerdung auf wunderbare Art und Weise Heil und Frieden in unser Leben bringen. Damals wie heute.
Die Krippe von Olya Kravchenko ist bis zum 26. Januar 2025 in der 84. Telgter Krippenkunst Ausstellung “Heller Stern” im RELíGIO – dem Westfälischen Museum in Telgte zu sehen.
mit viel mit gefühl hat olya kravchenko und patrik scherrer unser „heutiges weihnachts-situationsbild“-diese feine ikone ohne gold- gemalt, aufgezeigt, interpretiert, nahe gebracht:
sehnsucht nach erlösung, frieden, menschlichkeit, auflösung von machtkampf und ängsten:
kyrie eleison,peace …schalom!
2 gedichte passen dazu,recht menschlich und reichen eben genauso in die dimension des göttlichen bereichs…
giuseppe ungaretti1888-1970
mattina
mattina m´illumino
d´immenso
Morgens
Morgens glühe ich
von Unermesslichem
rose ausländer
LICHTKRAFT
aus dem himmel
eine erde machen
aus der erde
einen himmel
wo jeder aus seiner lichtkraft
einen stern ziehen kann
ich beziehe jetzt mal diese beiden aussagen auf das wunder der weihnacht…das erfreut das herz und inspiriert uns….versuchs mal ebenso!!!
auch „seinen ,für sein leben auffindbaren stern ziehen kann…“gott schenkt… gnaden sterne, erfahrungen …wunder?!?!