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Christina Utsch, Himmelwärts - Psalm 84,7, 2007
© Christina Utsch

Sehnsucht und Erfüllung

Selten sieht man in unserer Zeit solche gewobenen, aus Textilien gewirkten Bilder. Ihre Herstellung benötigt sehr viel Zeit, Geduld und Entschiedenheit. Tugenden, die wie diese Ausdrucksform rar geworden sind.

Umso eindringlicher wirkt die Einheit von Material und Bildinhalten, die sich in der Tradition der Tapisserien auf mehrere Arbeiten erstreckt, wenn sie zum Thema das Pilgern haben. Pilgern: das Sich-auf-den-Weg-Machen und auf dem Weg zur Begegnung mit Gott sein. Schritt für Schritt in der Balance von Bewegung und Betrachtung, von Fortschritt und Innehalten. Das Pilgern nimmt die Sehnsucht der Seele nach Gott auf, lässt den Menschen aufbrechen, ihn sich ganzheitlich in seiner gefährdeten Existenz erfahren.

Die sieben Tapisserien zum Psalm 84 lassen den Betrachter etwas von der Größe solcher Lebenserfahrungen spüren, in denen der gläubige Mensch auch ganz stark Gott wahrnimmt. Unser Bild stammt aus der Mitte des Zyklus und hat die Psalmworte des sechsten und siebten Verses zum Thema:

„Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln.
Ziehen sie durch das trostlose Tal, wird es für sie zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.“

Spalten und Zickzacklinien durchziehen das Bild in der Diagonalen wie Risse den Erdboden. Die aufgebrochene Erde, teils glühend rot, ist ganz auf das Blau rechts oben ausgerichtet. Ausdruck von Durst, von einem wie von Feuer ausgetrocknetem, existentiellem Durst nach Leben. Ausdruck von großer Sehnsucht und klarer Orientierung des Bedürfnisses. Ausgerichtet auf das, was uns Kraft gibt, wo wir hoffen, Stärkung und Ermutigung zu erhalten. Zu lange scheint hier ein Bedürfnis unterdrückt worden zu sein. Der Ausbruch ist wie eine feurige Eruption.

Anziehungspunkt dieser geradezu flammenden Sehnsucht ist ein tiefblauer, oben angeschnittener Kreis, als würde er teils verdeckt. Umfangen wird er von gelbgrünen Umrandungen. So kann das Symbol als Quelle und Brunnen wie auch als Regenwolke gesehen werden. Die Anordnung in der Höhe lässt es zu einem himmlischen Quellgrund mit einem dreifaltigen Zeichen auf seinen Ursprung werden. Es ist, als öffne sich der Himmel, als handle es sich nicht nur um ein irdisches Geschehen zwischen dem Pilger und der Erde, sondern um die Sehnsucht nach dem Höchsten und ein Beschenktwerden von ihm – stärkend, ermutigend, von außen und von innen.

Patrik Scherrer, 08.05.2010

Christina Utsch

Himmelwärts - Psalm 84,7
Entstehungsjahr: 2007
Tapisserie, Wolle
72 x 120 cm
© Christina Utsch
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