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Rita Grosse-Ruyken, SILBER-LICHT-BLÜTEN-SCHALE : ASTARTE, 2002/2003
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Vom Licht durchdrungen

Die große weite Schale hebt sich farblich kaum ab vom Hintergrund. Nur das Licht- und Schattenspiel lassen sie als eigenständige Form im Vordergrund wahrnehmen. Wie ein großer Blütenkelch weitet sich die Schale vom rechteckigen Sockel weg in den Raum hinein. Ihre Beschaffenheit ist hauchdünn und ebenso verletzlich wie bei ihren Vorbildern in der Natur. Sanft gewellt endet das dünne Material, ja es scheint sich geradezu in Luft aufzulösen.

Ganz aus kostbarem Silber gefertigt, präsentiert sich die Schale in schlichter Eleganz. Gerade ihre Einfachheit fasziniert. Das Fehlen von jeglichem Beiwerk oder Verzierungen tun gut. Sie glänzt in ihrer formellen und materiellen Reinheit. So vermag die Schale durch ihre Einfachheit, durch ihre vollendete Form zu überzeugen. Reine Schönheit!

Ähnlich wie bei einem Töpfer ein Tongefäß mit der Hand aus einem Klumpen Lehm hochgezogen und geformt wird, muss die Künstlerin diese Schale mit ihren Werkzeugen in äußerst behutsamer Arbeit aus einem Stück Silber in die Höhe getrieben haben. Der gewaltige Zeitaufwand, den eine so sensible Arbeit benötigt, damit das Material nicht bricht, lässt sich nur erahnen. Doch die Intensität, mit der die Künstlerin das Material erfühlt und wahrscheinlich auch in es hineingehorcht hat, ist aus der Perfektion der Schale herauszuspüren.

In diesem Bild wirkt die Schale groß. Da ein Vergleich zur Umgebung, ein Anhaltspunkt fehlt, ist sie unvergleichlich und somit wirkt sie ganz für sich allein. Das scheint auch ihre Aufgabe zu sein. Denn ihre außerordentliche Beschaffenheit und Schönheit verbieten ihr geradezu, alles, was mit Gewicht zu tun hat, in sich aufzunehmen. Allerdings vermag sie durch ihre runde Form und ihren sanften Glanz das Licht derart anzuziehen und in sich zu konzentrieren, dass das eigene Material geradezu verzaubert wird und der Eindruck entsteht, dass es sich in der Durchflutung durch das Licht entmaterialisiert.

Durch die verschiedenen Charakteristika vermag mancher Gläubige in der Schale vielleicht ein Symbol für uns Menschen zu sehen. Glauben wir doch, von einem unsichtbaren Schöpfer in unendlicher Zuwendung fein und wunderbar geschaffen worden zu sein (vgl. Ps 139,14). Als sein Volk sind wir ihm „teuer und wertvoll“ (Jes 43,4). Anderseits soll der Gläubige ganz auf Gott ausgerichtet leben, ganz offen für sein Wort und seine Weisheit sein, bereit, seinen Willen zu tun. So betet der Psalmist (40,9): „Deinen Willen zu tun, mein Gott, macht mir Freude, deine Weisung trag ich im Herzen.“ Und ein anderer spricht zu Gott: „Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade“ (Ps 119,105). So dürfen wir im Licht ein Symbol für Gottes Wort sehen. So wie die Schale durch ihre Beschaffenheit das Licht in sich auffängt und konzentriert, durchflutet und in ein geistiges Gefäß verwandelt wird, so sollen wir Gottes Wort, seine Weisheit, seinen Geist und seine Liebe in uns aufnehmen und sammeln, damit sie uns genauso durchdringen und zu Lichtträgern verwandeln. Lichtwesen sollen wir werden, von Seiner lichten Gegenwart beseelt, „Engel“, die ganz transparent auf Ihn hin sind.

Foto der Künstlerin mit ihrer Gold-Licht-Schale “Durchflutung IV/2”

Patrik Scherrer, 21.07.2012

Rita Grosse-Ruyken

SILBER-LICHT-BLÜTEN-SCHALE : ASTARTE
Entstehungsjahr: 2002/2003
Raum - Zeit – Plastik, klangmodelliert. Höhe 136 mm, Durchmesser 199 mm. Element 1 von 5
SILBER-LICHT- BLÜTEN-SCHALEN aus der Licht-Klang-Raum-Form Installation DAS EWIG WEIBLICHE in der Ausstellung "Im Zeichen der Ewigkeit", Foto: Yoko Mazuki, Japan
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024
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