Eine junge Frau steht aufrecht mit verschränkten Händen über ihrem leicht gewölbten Bauch. Ihr Kopf ist leicht nach vorne geneigt, so dass eine zusätzliche Aufmerksamkeit auf ihren Händen und ihrem Bauch liegt. In der ganzen Körperhaltung ist die Frau ganz bei sich und in sich versunken. Es ist eine Innigkeit zu spüren, ein In-sich-Hineinspüren, die neue Schöpfung, das werdende Kind in sich wahrnehmend. Sie ist guter Hoffnung – wie man früher sagte – und diese Hoffnung scheint sie im Gebet vertrauensvoll in die Hände Gottes zu legen, damit alles gut werde.
Die expressive Bearbeitung des Holzes mit den tiefen Einschnitten lässt ahnen, dass eine Schwangerschaft keine Selbstverständlichkeit ist und das werdende Kind stets existenziell bedroht ist. Auch für die Mutter ist eine Schwangerschaft „kein Spaziergang“. Das Kind in ihrem Leib verändert auch ihr Leben durch und durch. Die Zeit der Erwartung ist eine Zeit der Ungewissheit: Was wird aus dem Kind werden? Wird es gesund sein? Wem wird es gleichen? Wie wird sich mein Leben durch das Kind verändern?
Wie eine Heilige steht die Frau auf dem Holzsockel. Sie ist erhöht – ist sie die Heilige der Erwartung? Die Frau, die in Demut ihre Aufgabe annimmt, dem Leben in ihr einen Platz zu geben und ihr Leben dafür hinzugeben in der Zurücknahme von sich selbst, damit das neue Andere in ihr groß werden kann und so eigenständig, dass es nach der Geburt alleine lebensfähig ist?
Auch der Advent ist eine Zeit der Erwartung. Die Adventszeit ist ein Gehen mit Maria und ihrem Kind , damit Jesus auch in uns groß werde, um ihn in der Heiligen Nacht mit Maria zu „gebären“. So wie schwangere Frauen eine ganz eigene Ausstrahlung haben, so möchte Jesus auch durch unser Tun, unsere Lebensweise und Lebenshaltung wahrgenommen werden. Eine stille Zeit der Freude soll uns beseelen. Was für eine Gnade, Gottesträger zu sein. Das himmlische Kind im und unterm Herzen zu tragen, um ihn in den dunkelsten Nächten den Bedürftigen und Armen als Licht der Welt zu schenken mit der Botschaft der Hoffnung und Freude, dass sie nicht allein sind, sondern gesehen werden von Immanuel, vom „Gott mit uns“ (vgl. Jes 7,14 / Mt 1,23).
I M M A N U – E L (Wladimir Solowjow)
Ins Zeitendunkel ist die Nacht entschwunden,
In der ein Stern erstrahlte – klar und hell,
In der sich Erd‘ und Himmel neu verbunden,
In der geboren ward Immanu-El.
Zwar vieles könnte heut‘ nicht mehr geschehen:
Dass Hirten hör‘n der Engel Lobgesang,
Dass heil‘ge Könige zum Himmel sehen
Und folgen dann des neuen Sternes Gang.
Doch in der Flucht der Zeit bleibt unverloren
Das Ewige, das uns erschien in jener Nacht.
Von neuem wird das WORT in dir geboren,
Das einst im Stalle ward zur Welt gebracht.
Ja! Gott mit uns – nicht dort, in Himmelszelten
Und nicht in Sturmeswehn, in Feuer nicht und Streit,
Und nicht in Fernen unerforschter Welten,
Und nicht im Nebel der Vergangenheit.
Nein: hier und jetzt: im eitlen Weltgetriebe,
Im trüben Lebensfluss, im Alltagstrott
Tönt uns die Botschaft von der ew‘gen Liebe:
Besiegt sind Not und Tod – mit uns ist Gott.