Drei geometrische Formen bilden in dieser Monumentalskulptur eine Einheit: Quadrat, Dreieck und Kreis. Während erstere einander „nach hinten“ zugeneigt sind und auf dem unteren Teil der Kreisform aufliegen, erhebt sich der Kreisring sie stützend in die Gegenrichtung. So aneinandergelehnt und einander durchdringend erheben sie sich im öffentlichen Raum, diesen im wechselnden Licht und in sich ständig verändernden Schattenmustern auf dem glatten Stahlblech reflektierend. Die geometrischen Elemente wirken vertraut – und doch erscheint das Kunstwerk in dieser Dimension, seinen klaren Linien, der hellen Erscheinung und den multiplen Spiegelungen wie etwas Außerirdisches. Man könnte die weißen Ringformen als monumentale künstlerische Spielerei zur Kenntnis nehmen, doch sie sind mehr.
Dreieck, Quadrat und Kreis sind geometrische Grundformen. Sie verkörpern in ihrer Unterschiedlichkeit Urprinzipien unserer menschlichen Existenz: So steht das Viereck für die Materie, die Welt, den irdischen Lebensbereich und damit auch für den Menschen. Das Dreieck ist ein Symbol für das geistig Dynamische, den Himmel, die Dreifaltigkeit und damit auch für Gott. Der Kreis symbolisiert Einheit, Vollkommenheit und Unendlichkeit, weil er in sich selbst zurückführt. Der Kreis verbindet Quadrat und Dreieck und symbolisiert damit auch die Liebe und die Überbrückung des Gegensätzlichen.
Im Kunstwerk erhalten die Formen durch eine dritte Dimension räumliche Tiefe. Diese Tiefendimension und der Stahl als Material verbinden das Gegensätzliche ebenso miteinander wie die freie Mitte, die das „Umfangende“ zu Ringen gestaltet und den voluminösen Elementen Leichtigkeit verleiht. Die Freiräume in ihrer Mitte, die sie umschließen und die zwischen ihnen übrig geblieben sind, wirken wie eine Seele. Sie sind da und wichtig, doch nicht wirklich greifbar. Sie erschließen sich in immer neuen Zusammenhängen im Umschreiten der Skulptur oder durch Abbildungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Sie sind wichtig, ohne sie ginge es nicht, denn sie geben den drei Elementen Freiraum für Durchblicke, die Gelegenheit zum Ineinandergreifen und sich gegenseitig Festhalten.
So könnten Quadrat und Dreieck einander zugeordnet sein, doch ohne die freie Mitte, die sie zu Ringformen und Symbolen für die Unendlichkeit macht, ohne das Kreiselement, das sie stützend durchdringt und verbindet, wären sie nichts. (vgl. 1Kor 13,2) Dreieck und Quadrat wären leere Raumköper ohne tragenden Grund, ohne vereinendes Band, ohne erfüllende Mitte. So kann der Ring, der das Quadrat und das Dreieck verbindet, in seinem vollkommenen Rund auch als ein Symbol für Gott oder die Liebe gesehen werden.
Es ist die Liebe, die das Gegensätzliche und einander Ausschließende verbinden kann, ohne die Einzigartigkeit des Verschiedenen zu zerstören. So geht es – übertragen gesehen – nicht um eine linear hintereinander gedachte, das Vorherige aufhebende Abfolge von These, Antithese und Synthese. Vielmehr geht es um einen lebendigen Prozess, in dem die Gegensätze in einer immer wieder zu suchenden Synthese affirmiert – also einander bejahend – enthalten sind, und – wie im vorliegenden Kunstwerk mehrdimensional räumlich und einander durchdringend sich auf einer höheren Ebene zu einem neuen Ganzen verbinden. Ganz so wie Paulus es im Hohelied der Liebe ausdrückte: „Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe“ (1Kor 13,13). Eine auf diese Weise durch die Liebe bewirkte Versöhnung der Gegensätze vermag Inseln der Humanität zu schaffen.
Die Skulptur war bis im Sommer 2021 an der großen Skulpturenausstellung Bad RagARTz in Bad Ragaz/Schweiz ausgestellt.