Plastisch erhebt sich die bildhohe T-Form vor dem schwarzen Hintergrund. Wie eine Lichtgestalt hebt sie sich vom undurchdringlichen Dunkel ab. Und doch bildet die T-Form so etwas wie einen Durchblick in eine ganz andere Welt. Im Gegensatz zum kalten und leblosen Schwarz ermöglicht die T-Form den Blick auf eine schwelende Glut, von der Wärme und Leben ausgeht.
Inmitten dieser Glut ist in den hellen Stellen trotz der undeutlichen Umrisse eine menschliche Gestalt zu erkennen. Durch die ausgebreiteten Arme, den angedeuteten, nach links gesenkten Kopf und die sie umgebende T-Form lässt sie sich unschwer als Gekreuzigten identifizieren.
Der Tod mitten in diesem mit Wärme und Leben erfüllten Raum? Ja, doch erscheint er als notwendiger Durchgang für die Verwandlung des Leibes in eine neue Wesensform, die im Bild durch Helligkeit charakterisiert wird. Der Künstler präsentiert uns den Tod, auch wie ihn Jesus am Kreuz erlitten hat, als endgültige Metamorphose zum Licht. Was für eine ermutigende Perspektive! Ganz Licht zu werden und gleichzeitig auch ganz leicht.
Ist das nicht eine tief in uns liegende spirituelle Sehnsucht, die uns durch das ganze Leben hindurch bewegt? Licht ist etwas durch und durch Gutes und bedeutet Leben. Ohne Licht hätten wir keine Entwicklungs- und Überlebenschancen. Licht werden ist verbunden mit Erkenntnis und Einsicht in die vielen verborgenen Dinge um uns herum. Licht werden ist verbunden mit Ausstrahlung und der Absicht, integral gut werden zu wollen und Gutes zu bewirken.
Doch das Finden der persönlichen Lichtgestalt ist schwer. Durch viele Rollen und Verwandlungen hindurch versuchen wir, sie peu à peu zu erreichen. Allein durch die menschliche Entwicklung wachsen wir in immer neue Rollen hinein, die uns Entfaltung zum Gutsein ermöglichen. Auch viele kleine und große Abschiede bringen – meist schmerzhafte – Neuerungen in unser Leben und zwingen uns zu ungewollten Veränderungen. Erheblich helfen aber wiederkehrende Rituale, Bräuche und besondere Zeiten der tiefen Sehnsucht in uns, gut und licht zu werden. So ermöglichen uns Fasching oder Karneval, aus den alltäglichen Rollen aus- und vielleicht auch Festgefahrenes in uns aufzubrechen. Ist es nicht, als brauche es dieses feurig-intensive Austoben, um anschließend in der Fastenzeit umso mehr in die Tiefe gehen und sich auf sein eigenes Wesen sowie seine Berufung konzentrieren zu können? Verzicht und Beschränkung sind in dieser vorösterlichen Zeit gewissermaßen die reinigende Glut, welche alles Unnötige wegbrennt und das Wesentliche, das Wichtige und Gute im Leben mit einem erneuerten Blick erkennen und mit befreiter Kraft auch leben lässt.