Kraftvoll umreißt die gelbe Linie eine menschliche Kopfform und lässt sie aus dem blau-grünen Grund hervortreten. Die Form ist nach oben geöffnet, wodurch die beiden geschwungenen Linien auch wie grafisch vereinfachte – den Kopf umfassende – Hände gesehen werden können. Nur das rechte Auge ist mit Bleistift ausgearbeitet und mit einem gelben Strich konturiert und hervorgehoben. Der Mund ist lediglich angedeutet. Alle anderen Gesichtsmerkmale sind weggelassen worden, um die Botschaft klarer zum Ausdruck zu bringen. Die Signatur am linken unteren Bildrand gleicht einem achtlos weggeworfenen Auge. Offensichtlich ist das zweite, für das räumliche Sehen wichtige Auge für den Prozess des geistigen Sehens unbedeutend.
Dafür bricht von der oberen rechten Ecke ein weißliches Objekt in die Bildfläche und den Kopf dieses Menschen ein. Die kantige Form lässt an einen keilförmig behauenen Stein denken, der, ohne die Schädeldecke zu verletzen, ins geistige Bewusstsein tritt, die eigenen Vorstellungen durchbricht und ins Geistige überführt. Die stilisierte Dreidimensionalität der Form kann auch als lichtes Buch gesehen werden, dessen Inhalte in den Geist des Menschen übergehen. Die weiße Farbe, die lebendige Offenheit der Form und die von oben hereinbrechende Bewegung erinnern auch an die Taube als Symbol für den Heiligen Geist.
Begeisterung? Oder geht es mehr um den Geist der Erkenntnis, um den Geist, der uns mit Gedankenblitzen mehr als nur das Sichtbare sehen lässt? Tut es nicht grundsätzlich und immer not, über die vordergründige Begrenzung hinauszusehen, die Wirklichkeit in ihren Höhen und Tiefen auszuloten und auch die geistige Dimension ins Auge zu fassen? Letztlich bis in die Seele zu blicken? Der jugendliche Gesichtsausdruck und die wache Kopfstellung lassen spüren, wie dieser Mensch etwas Unsichtbares entdeckt hat und nun mit dem geistigen Auge zu erkennen und mit dem Verstand zu „begreifen“ versucht.
Der fokussiert suchende und gleichzeitig die gesichtete Wirklichkeit abtastende Blick fasziniert. Der aufmerksam nach oben gerichtete Blick wirkt wie durch ein Fernrohr in die Weite gerichtet und gleichzeitig wie ein Röntgenblick, wie ein die Wirklichkeit durchdringendes Schauen, das auch unsichtbare Welten wahrnimmt und zu fassen versucht. Die weichen, die Kopfform querenden Pinselstriche mögen für diese unsichtbaren und doch gegenwärtigen Welten stehen, die wie Gedanken durch den Kopf gehen und den Hintergrund wie das Wasser eines unergründlichen Sees erscheinen lassen.
Die gelben Linien elektrisieren. Es geht darum, nicht nur mit dem äußeren Auge zu erkennen, sondern die Wahrheit auch mit dem inneren, geistigen Auge zu sehen und anzunehmen, bis sich Gott im “Auge als Spiegel der Seele” wie ein Lichtpunkt widerspiegelt. Wer IHN in sein Leben aufnimmt und Jesus in allen Menschen erkennt, der ist ein von Gott wie von einem Keil Gezeichneter und gleichzeitig ein von Gottes Gegenwart Leuchtender.
„Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt. Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht, zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.“
(Eph 1,17-19)