Inneres Schauen

Ein Junge liegt mit geschlossenen Augen und hinter dem Kopf verschränkten Armen auf einem Surfbrett. Hinter ihm strömt ein Bachlauf diagonal durchs Bild. Sein Wasser lässt die Ufervegetation auf dem rötlichen Wüstenboden wachsen und grünen.

Der Junge auf dem Surfbrett und die Landschaft wollen nicht so wirklich zusammenpassen. Da ist wohl Wasser, aber der Wasserlauf ist viel zu schmal. Der Junge ist frontal gemalt, wie senkrecht stehend, während der Fluss eine Draufsicht darstellt. Dadurch scheint der Junge hoch oben über einem tief unter ihm liegenden Fluss zu schweben. Diese Perspektive deutet an, dass der Wasserstrom nicht nur unter ihm durchfließt, sondern auch durch ihn hindurchfließt, seine Gedanken mitreißt und abheben lässt in ferne Welten.

Das Surfbrett und das Wasser inspirieren ihn zu gedanklichen Reisen und Abenteuern, zu einem grenzenlosen Surfen durch die Welten der Fantasie und der Träume. Entspannt liegt er da, in sich gekehrt, hochkonzentriert auf das, was er in seinem Innern sieht. Dadurch sieht er gerade nicht wie ein Träumer aus, der der Realität zu entfliehen versucht. Vielmehr scheint er sehen zu wollen, was aus der Tiefe seines Lebens für Sehnsüchte, Wünsche und Botschaften aufsteigen, damit er ihnen nachgehen, sie verwirklichen und erleben kann.

Wie wichtig Träume als Ort der Offenbarung sein können, hat schon Jakob in Bet-El erlebt, als er im Schlaf den Himmel offen sah, Engel, die auf- und niederstiegen und Gott zu sich sprechen hörte (Gen 28,11-17). Auch sein Sohn Josef (Gen 37,5-8) und Josef, der Verlobte von Maria (Mt 1,20; 2,13; 2,19), durften wiederholt die Erfahrung machen, dass Gott im Traum  zeigte, was er mit ihnen vorhatte. Auf die göttliche Offenbarung spielt auch das Surfbrett an, das mit seiner Form eine Mandorla andeutet und damit auf die Herrlichkeit und die Heilkraft Gottes zu verweisen vermag. Seine kraftvolle orange Farbe verbindet sich zudem mit dem gleichfarbigen Boden und lädt ihn gleichsam mit Energie auf. Dadurch erhält der unfruchtbare Wüstenboden etwas Göttliches als auch ein unerschöpfliches Potential. Als Komplementärfarbe von Blau ergänzt es dieses zu einem Ganzen: Gott offenbart sich ebenso in der Wüste wie im Wasser, in der Stille der Träume ebenso wie im Surfabenteuer auf den Wellen des Urlaubs oder des Alltags. Gott führt zusammen, damit alle ihre Aufgabe erfüllen können. So ergeben auch die Ellbogen und die Spitze des Surfbretts “zufällig” die obere Hälfte eines Sterns und weisen unauffällig darauf hin, dass sich Sternstunden der außerordentlichen Nähe Gottes überall ereignen können.

Letztlich lädt der Junge zur Kontemplation ein, zur Einkehr in der Stille. Er lädt zum Verweilen bei Gott ein, zur inneren Schau des göttlichen Plans für mich, meiner einzigartigen Berufung in der Fortsetzung seiner Schöpfung und der Führung seines Volkes. Die Begegnung mit Gott kann auf einem Surfbrett stattfinden. Letztlich kann aber jeder Ort der Stille ein Sprungbrett zu IHM und weiter in die mir zugewiesene Wirklichkeit oder Aufgabe sein.

„Christusträger“

Eine außergewöhnliche Schale,  ein ungewöhnliches Trinkgefäß. Für die Liturgie, für die Aufnahme des Allerheiligsten bestimmt. Kostbare Materialien, edle Verarbeitung, einzigartige Oberflächenbehandlung.

Alles weist auf IHN hin. Das Mysterium verhüllend – und doch geheimnisvoll offenbarend.

Durch eine lineare Oberflächengestaltung hat das weißlich-silberne Äußere eine „fasrige“ und matte Struktur erhalten und bildet einen Gegensatz zum goldglänzenden Inneren. In unregelmäßigen Formen scheint dieses Innere bruchstückhaft nach außen zu dringen.  Steht das glänzende Innere für die immaterielle Welt Gottes, das matte Äußere mit den pflanzlich wirkenden Strukturen für die Welt im Werden? Sie sieht jetzt in einem Spiegel nur rätselhafte Umrisse, „dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkannt worden sein“, schreibt Paulus (1 Kor 13,12).

Die Außenstruktur weckt in mir auch Assoziationen an ein Netz. Die unregelmäßigen Formen lassen nicht nur an Blüten, Früchte oder Fische denken, die gesammelt werden,sie können auch symbolisch für die Menschen und ihre Gaben stehen, die vom “Menschenfischer“ Jesus vereint Gott dargebracht werden.

Bei der Gabenbereitung betet der Priester jeweils leise, während er Kelch und Hostienschale mit den Gaben hochhält:

„Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt.
Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit.
Wir bringen dieses Brot vor dein Angesicht, damit es uns das Brot des Lebens werde.“

„Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt.
Du schenkst uns den Wein, die Frucht des Weinstocks und der menschlichen Arbeit.
Wir bringen diesen Kelch vor dein Angesicht, damit er uns der Kelch des Heiles werde.“

Der Kelch ist schlank und hoch. Mehr ein Becher als ein Pokal, hochgewachsen wie ein Weinstock. Die Weintrauben gekeltert in sich tragend, bewahrend für die Verwandlung durch den Geist Gottes und die Vergegenwärtigung der Worte Jesu beim letzten Abendmahl durch den Priester: „Nehmt und trinkt alle daraus: Das ist der Kelch des neuen und ewigen Bundes, mein Blut, das für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis.“

Die Hostienschale dagegen ist flach und weit wie ein Schiff, eine Barke, die Ihn vom „anderen Ufer“ in unsere Nähe bringt. In ihrer Form klingt auch die Krippe und die Mandorla an, Ort und Zeichen für den sich den Menschen offenbarenden Gott.

So sind Kelch und Hostienschale ausdeutende Zeichen des in der Armut des Brotes und des Weines Verborgenen. Sie tragen Gottes Sohn für jedermann und -frau fassbar, den Leib wie die Seele im Geschenk nährend und stärkend zu uns, damit wir immer mehr seine Gestalt annehmen. Letztlich sind die beiden Gefäße Symbole für jeden Gläubigen, ja die ganze Kirche, die wir den Herrn genauso kostbar und rein umfangen und tragen sollen.

Und – seine heilige und heilende Gegenwart möchte wie bei Kelch und Schale auch bei uns außen sichtbar werden!