Von links unten wächst ein karger Strauch oder Baum mit vier dünnen Ästen zur Bildmitte. Bis auf wenige Blätter ist er nackt. Trockenheit lässt er spüren, Sehnsucht nach Leben. Wie Fühler hat er seine Äste in den Himmel gestreckt, denn der Boden gibt nichts mehr her. Er erwartet alles vom Himmel.
In der rechten Bildhälfte werden diese Äste von breiten Farbbögen erfasst: dunkelblau, gelb, rot in verschiedenen Helligkeitsstufen – fast ein vertikaler Regenbogen. Mit ihren seitlichen Farbverläufen muten sie wie die Wassermaßen eines heftigen Platzregens an. Dicht und stark stehen die breiten Farberscheinungen dem feinen Baumskelett gegenüber. Sie verbinden das Oben mit dem Unten, den Himmel mit der Erde. Sie sehen wie eine Antwort des Himmels aus und können als himmlisches Erbarmen gedeutet werden. Kraftvoll tragen sie in sich das Leben über das Land.
Perspektivisch sieht es so aus, als würden die Regenschauer in weiter Ferne am Strauch vorüberziehen. Doch die ausladenden Äste strecken sich nicht nur nach diesem himmlischen Segen aus – sie werden auch von ihm erfasst und mit seiner Fülle beschenkt. Die Erwartung – das Warten und Ausharren – ist belohnt worden. Das Hören und Lauschen sind erhört worden. Neues Leben kehrt ein.
Viele bisher unveröffentlichte Arbeiten von Arnulf Rainer waren bis zum 23. Februar 2020 im Museum Moderner Kunst Wörlen in Passau in der Ausstellung „Arnulf Rainer und Karl Schleinkofer“ zu sehen.