Neues Herz und neuer Geist zu verschenken

Die Jahreslosung 2017 lautet: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch.“ (Ez 36,26) Wie kommt es, dass Gott eine so grundsätzliche Erneuerung des Menschen anstrebt? Warum macht Gott dieses unglaubliche Angebot, ein neues Herz zu schenken und einen neuen Geist in sie zu legen? Was ist passiert, dass Gott zu einer so radikalen Maßnahme schreitet? In den Versen, die Ez 36,26 vorausgehen, erklärt Gott, dass das Volk, das er sich auserwählt hatte und liebte, ihm untreu geworden war. Sie hatten „Blut vergossen und das Land mit ihren Götzen befleckt“ (V. 18). Deswegen zerstreute er sie unter die Völker – u.a. schickte er sie ins Exil nach Babylon. Doch weil sie auch dort ihr Verhalten nicht änderten und seinen heiligen Namen weiterhin entweihten, sah sich Gott zu einer radikaleren Maßnahme gezwungen, damit sein Name nicht weiter beschmutzt würde: Er will seinen Namen selbst wieder heiligen. Die Völker sollen erkennen, dass er der Herr ist.

Diese Heiligung seines Namens kündigt Gott mit einer mehrstufigen Maßnahme an, bei der die Geschenke des neuen Herzens und des neuen Geistes das zentrale Anliegen bilden. Vorbereitend holt Gott sein Volk aus der Fremde und bringt es in sein Land zurück. Dann reinigt er es von Unreinheit und falschen Göttern, um ihm sodann ihr Herz aus Stein gegen ein Herz aus Fleisch auszutauschen und einen neuen Geist in sie zu legen, der sie befähigt, seine Gebote und Gesetze zu achten und erfüllen (V. 26-27). Und damit es klar ist, wer diese Wende vollbringen wird, beginnen die elf Sätze mit fanfarenartigen „Ich …“ (V. 24-30.32). Gott drückt nach großer Enttäuschung gewissermaßen auf die „Reset-Taste“, um seinem Volk eine zweite Chance zu geben. So sehr liebt er es, dass er ihm alles vergibt und nichts sehnlicher wünscht, als dass sie ihn als ihren Gott anerkennen. Dieser heilige Bund soll dann bei den anderen Völkern zur Erkenntnis führen, dass Israels Gott der Herr ist, der heilige und höchste Gott.

Im Bild zur Jahreslosung sind die beiden Geschenke vor einem stilisierten Kreuz in Form einer Taube und zweier Herzen dargestellt. So wie die Taube und die Herzen am Kreuz angeordnet sind, kommt dem Kreuz etwas Menschenähnliches zu. Der obere Teil ist erleuchtet und aufstrebend, während die untere Hälfte tiefe Ruhe ausstrahlt, genährt von der Gnade der Vergebung und Erneuerung, die aus der „Seitenwunde“ des Kreuzes fließen. Damit verbindet die Künstlerin das Heilshandeln Gottes an seinem Volk mit dem Kreuzestod Jesu, durch den Gott wiederum den Menschen ihre Verbrechen verzeiht und ihnen die Möglichkeit gibt, im Glauben zu ihm zu finden und seine Kinder zu werden. Diese Treue und Großherzigkeit von Gott gegenüber seinem Volk ist übrigens sehr schön im tragenden Blau des Hintergrundes angedeutet. Hier wird die Weite des Himmels genauso spürbar wie die Tiefe des Meeres oder die reinigende Kraft von Gottes Liebe.

Alle, die das Unfassbare annehmen können, erhalten im Austausch zum eigenen Herz und Geist kostenlos ein Herz und einen Geist von Gott. Gewissermaßen ein göttliches Herz, einen himmlischen Geist, die andere Qualitäten haben als unsere Irdischen. Und da Geschenke in der Regel dem Herzen des Gebers entspringen, ist es nur folgerichtig, dass die Künstlerin das kleine Herz aus dem großen Herzen hervorgehen lässt und beide durch eine Art Nabelschnur mit dem Kreuz verbunden sind.

Mit dem Geschenk eines neuen Herzens schenkt uns Gott von seinem Herzen und lässt uns teilhaben an seinem Herzschlag des Lebens, der Liebe, der Freude, des Erbarmens und Vergebens. Gottes Herz war fähig, seinen Sohn für unsere Rettung am Kreuz hinzugeben. Wer wie Jesus sich bzw. sein Herz ganz in Gottes Hände zu legen vermag und ganz sein Werkzeug in dieser Welt sein will, durch den wird Gott sichtbar und letztlich verherrlicht.

Mit dem Geschenk eines neuen Geistes schenkt uns Gott die Möglichkeit, an der Größe seines Heiligen Geistes teilzuhaben. Die Taube ist das Symbol dieser unsichtbaren göttlichen Kraft voller Energie und Weisheit. Er schenkt uns alle Gaben, um Gott treu zu bleiben im Glauben und in Werken.

Wunderschön hat Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus (3,17-21) die Wirkung der beiden Geschenke Herz und Geist beschrieben: „Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen. In der Liebe verwurzelt und auf sie gegründet, sollt ihr zusammen mit allen Heiligen dazu fähig sein, die Länge und Breite, die Höhe und Tiefe zu ermessen und die Liebe Christi zu verstehen, die alle Erkenntnis übersteigt. So werdet ihr mehr und mehr von der ganzen Fülle Gottes erfüllt. Er aber, der durch die Macht, die in uns wirkt, unendlich viel mehr tun kann, als wir erbitten oder uns ausdenken können, er werde verherrlicht durch die Kirche und durch Christus Jesus in allen Generationen, für ewige Zeiten. Amen.“

Dieses Bild kann als Karte, Poster, usw. HIER bezogen werden.

Lichtblick

Umgeben von einem dunklen Rahmen, öffnet sich unserem Blick in der Bildmitte ein helles Fenster. Es scheint nicht sehr groß zu sein, denn die weiße Taube, die sich mit dem grünen Zweig im Schnabel auf dem Fenstersims niedergelassen hat, füllt fast das ganze Fenster aus.

Die dunkelblaue Farbe suggeriert umgebende Dunkelheit und Nacht. Von den fünf Menschen sind nur schattenhafte Köpfe und Silhouetten auszumachen. Die beiden Personen, die sich unter dem Fenster befinden, lassen durch die vier hellen Senkrechten und den engen Bildraum zudem an Gefangene denken, die eingesperrt und niedergedrückt sind. Seltsam, wie der Künstler ihre Augen, Nasen und Münder stilisiert mit einem Kreuz-Zeichen angedeutet hat.

Soll es ihre „Religio“, ihre Rückbindung an Gott zum Ausdruck bringen, die ihnen Zugehörigkeit und Schutz verheißt? Denken wir nur an die Riten von Taufe, Firmung, Konfirmation oder Krankensalbung … Trotzdem bleiben viele Fragen und Zweifel. Wer kann Katastrophen wie eine Sintflut, einen Tsunami und anderes mehr verstehen? Helfen kann da nur ein unsagbares Vertrauen. In diesem Vertrauen haben sie die Taube ausgesandt und, um sicher zu gehen – denn Zweifel bohren tief – eine zweite.

Nun ist sie in ihre Mitte zurückgekehrt – mit dem Zeichen des Zweiges. Die Dunkelheit hat einen Lichtblick erhalten, der sich auf den Köpfen der wartenden Menschen bereits spiegelt. Durch das Licht wird das Zeichen auf ihren Köpfen sichtbar, das in der Bibel bei Menschen verwendet wird, die aus ihrem Glauben, aus ihrer innigen Beziehung zu Gott, der Schöpfung und den Mitmenschen heraus in Zeiten der Dekadenz einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn bewahren. So heißt es von Noach: „Noach war ein gerechter, untadeliger Mann unter seinen Zeitgenossen; er ging seinen Weg mit Gott.“ (Gen 6,9) Deshalb wurde er von Gott beauftragt, zur Rettung des Menschengeschlechts und der Tiere ein großes Schiff zu bauen, auf dem er mit seiner Familie und den Tieren die Zeit der Sintflut überleben konnte. Das Aquarell vermittelt den Augenblick, in dem die Taube das zweite Mal nach der Erkundung nach Land erfolgreich mit dem frischen Olivenzweig als Zeichen für das Wiederaufblühen der Natur zurückkehrte. „Jetzt wusste Noach, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand.“ (Gen 8,11)

Im blauen Hintergrund könnte aufgrund dieser Begebenheit ebenfalls das alles vernichtende Wasser der Sintflut gesehen werden. Auch den Geretteten steht das Wasser bis zum Hals. Was sie allerdings über Wasser hält, ist ihre Verbundenheit mit dem Licht, das im Fenster wie ein Floß, wie eine rettende Insel in ihrer Mitte schwimmt. Ihr Vertrauen hat ihnen eine neue Zukunft, neue Aufgaben und sicher auch neue Leiden gegeben. Hoffnungsvolle Zuversicht und Liebe erfüllt und verbindet sie mit dem unbegreiflichen Gott. Und dieses gläubige Festhalten am gerechten Denken und Handeln verhindert, dass sie sich in unwürdige Machenschaften verstricken, die ihnen und anderen Unheil und Tod bringen. – Ermutigung und Lichtblick für uns!

Das besprochene Aquarell stammt aus: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers mit Bildern von Andreas Felger
/ Deutsche Bibelgesellschaft in Stuttgart, 1.664 Seiten, 171 ganzseitige Aquarelle und 104 teils farbige Skizzen, Format 17,3 x 24,5 cm

Seit vielen Jahrzehnten widmet Andreas Felger einen wesentlichen Teil seines künstlerischen Schaffens der Auseinandersetzung mit biblischen Texten. Seine Bilder sind Ausdruck gelebten Glaubens, wiederholter Meditation und Durchdringung. Seine Aquarelle und Skizzen sprechen eine spirituelle Sprache. Konkrete Darstellungen wechseln mit abstrakten Motiven, schaffen meditative Momente, eröffnen andere Sichtweisen und neue Zugänge zur Heiligen Schrift. Die Begegnung und der Dialog zwischen Mensch und Gott werden in seinen Bildern anschaulich und berühren die Sinne.