Verschüttet

Aus einer kreisförmig ausgeschütteten Ansammlung von goldenen Münzen ragen zwischen vier schräg hervorstehenden Holzbeinen die Extremitäten eines Babys in die Höhe. Auch sein Kopf ist teilweise zu sehen. Kein wärmendes Stroh bedeckt es, kein schützendes Tuch umhüllt es. Der kalte und harte Geldsegen droht das Kind zu ersticken, doch den angedeuteten Bewegungen nach lebt es noch. Die Münzenflut vermochte es nicht gänzlich zu bedecken. So taucht es in dem monetären Heiligenschein halb unter, aber auch halb auf. Die Münzansammlung erinnert an Orte wie den Trevi-Brunnen in Rom, in den Besucher Münzen hineinwerfen in der Hoffnung auf Erfüllung eines Wunsches. Was die Menschen wohl hier bewegte, Münzen zu werfen? Ihre Bitte um Frieden? Oder wollten sie sich den Frieden erkaufen?

Doch da sind noch zwei umgekippte Gefäße am Rande der Spielfläche. Beim einen rollen Weihrauchkörner heraus, beim anderen Myrrhe. Lieblos hingeworfen und ausgeschüttet. Zweifelsohne wird mit Gold, Weihrauch und Myrrhe eine Verbindung zu den Gaben der Heiligen Drei Könige geschaffen, doch ihre Präsentation ist das abstoßende Gegenteil vom Handeln der drei Weisen aus dem Osten. Diese haben vor rund 2000 Jahren auf ihrer Reise nichts von ihrer kostbaren Fracht verschüttet. Denn als sie hocherfreut beim gesuchten Kind ankamen, schenkten sie ihm ihre Gaben (vgl. Mt 2,11). Doch hier sind keine Ehrfurcht und keine Andacht zu spüren, keine Hingabe und keine Anbetung des Gottessohnes. Es ist viel Geld eingesetzt worden, um das Kind mit Reichtum zu überschütten, aber die Installation lässt nichts von der Heiligkeit des Festes, der Gottesgeburt und des Besuches der Könige spüren. Stattdessen zeigt die Installation auf schmerzhafte Weise, wie das kommerzielle Brauchtum die zentralen Inhalte des Weihnachtsfestes erdrückt und unterdrückt.

Diesen Kontrast zwischen früher und heute hebt die Assemblage hervor: Die drei Könige wussten noch, was die Geburt von genau diesem Kind bedeutet. Aus den Sternen haben sie seine herausragende Bedeutung herausgelesen. Das Außerordentliche motivierte sie, den langen und unbequemen Weg zu wählen, ihr Land zu verlassen, aufzubrechen ins Ungewisse, um das Kind zu suchen. – Heute verfügen wir über alle Informationen zu jeder Zeit, doch scheint das besondere dieser Botschaft in der Fülle an Informationen unterzugehen. Zwar dreht sich alles noch um das Kind, aber sein außergewöhnliches Wesen spielt keine Rolle mehr. Das Wünschen und Schenken haben die Hauptrolle übernommen. Dabei ist des Kindes friedliche Haltung Gold wert, seine wundersame Entstehung und sein Da-Sein voller Heiligkeit gehört mit Weihrauch geehrt, seine fragile Existenz und Wehrlosigkeit sind immer vom Tod bedroht und damit von der Myrrhe begleitet.

Die Assemblage will uns aufrütteln anders zu handeln und Jesus seinen gebührenden Platz im weihnachtlichen Geschehen zurückzugeben: Unverfälscht, wahrhaftig und ernsthaft. Motiviert durch den Glauben und die Dankbarkeit, dass Gott uns zu unser aller Rettung seinen Sohn geschenkt hat.