Der Einfluss des 2. Vatikanischen Konzils auf die Kunst in der Kirche
Bischof Friedhelm Hofmann, Kunstfachmann der Deutschen Bischofskonferenz, beschließt sein wohlwollendes Vorwort zu diesem Buch so: “Wer sich eingehend mit der Problemlage von Kirche und Kunst in unserer Zeit auseinandersetzen will, wird schwerlich an dieser Fundgrube vorbeigehen können.“ Das Buch bringt eine sehr ausgewogene Gesamteinschätzung des nicht immer einfachen Verhältnisses von Kunst und Kirche von 1800 bis 2007. Der vorliegende Band gibt erstmals übersichtlich geordnete und verständlich geschriebene Antworten auf die Fragen zur Kunst und Kirche im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert.
Das 1. Kapitel gibt einen Überblick über die Beziehung zwischen Kunst und Kirche von 1800-1962 (S. 41-2o7). Im 2. Kapitel wird den lehramtlichen Äußerungen des 2. Vatikanischen Konzils über Kunst und Künstler nachgegangen, abschließend mit einer sehr differenzierten Gesamtwertung der Konzilsäußerungen über die Kunst und Kunstpastoral (S. 243-251).
Im 3. Kapitel wird die Zeit des nachkonziliaren Reformwerks (1964-1985) mit einer sehr realistischen Entwicklungsanalyse vom Verhältnis Kunst und Kirche beleuchtet (S. 253-395). Zahlreiche Beispiele (herausragend der Text über Josef Beuys S. 392f) und eine Gesamtwertung der Zeit der Rezeption des Konzils dokumentieren lebhaft die Verzögerungen und Rückschläge durch den soziologischen Wandel der 68er-Jahre und ihren positiven, aber sehr selektiven Entwicklungen. Hervorgehoben werden die Defizite bei der liturgiepastoralen Bildung der Gläubigen, der Berücksichtigung von Kunst in der theologischen Aus- und Weiterbildung und bei der Kunst- und Künstlerpastoral.
Die weltweit durchgreifende Konzilsrezeption (1985-2007) wird im 4. Kapitel behandelt (S. 401-626). 30 Jahre nach dem Konzil sind endlich vielerorts Kunst- und Künstlerpastoral in Leben und Lehre der Kirche hinzugekommen. Daran schließt sich die Wertung dieser kirchengeschichtlichen Epoche für das Verhältnis von Kirche und Kunst an (S. 627-647). Dabei stellt Van Bühren das Zweite Vaticanum in die Reihe der Konzilien, die sich mit Kunst und Bilderlehre beschäftigt haben – das 2. Konzil von Nicäa (787) und das Konzil von Trient (1563) – und vergleicht ihre Rezeptionsdauer mit der des 2. Vaticanums.
Als einzigartige Dokumentation und ausgezeichnete Grundlage für den wissenschaftlichen Gebrauch wird das Buch durch 71 lehramtliche Texte zum Thema Kunst und Kirche ergänzt, an welche sich die umfangreiche Bibliographie mit lehramtlichen Quellen, Texteditionen, Katalogen von Kunstausstellungen, Kongressakten und dem Literaturverzeichnis anschließt (S. 647-802). 98 farbige Abbildungen von qualitativ hochstehenden Kirchenbauten und Kunstwerken aus der behandelten Zeitepoche runden visuell das gelungene Buch ab.
Ob man das Buch zum Nachschlagen einzelner Fakten benützt (wozu ein Personenverzeichnis dienlich wäre) oder Themen und Zeiten zusammenhängend kennen lernen und verstehen möchte, der klare Aufbau und die unkomplizierte Schreibweise machen es dem Leser leicht. Und was das Buch bei seiner Stofffülle besonders auszeichnet und zu einer geradezu spannend interessanten Lektüre macht, das ist die gedankliche Verknüpfung der Entwicklungslinien unter weltweitem Aspekt, im Kontext mit der „weltlichen“ Kunst und immer unter dem Blickwinkel der Pastoraltheologie. Ein empfehlenswertes Buch, das jeden Cent seines stolzen Preises von 128 Euro wert ist.
Ralf van Bühren, Kunst und Kirche im 20. Jahrhundert. Die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Ferdinand Schöningh, Paderborn, 2008. 940 Seiten, 98 meist farbige Abbildungen. ISBN 978-3-506-76388-4
Weitere Rezensionen:
Der Rezensent wird … alles versuchen, um den noch schwankenden Interessierten zum Kauf dieses Buches zu raten. Dass der Autor sein wissenschaftliches Handwerkszeug gelernt hat, zeigt bereits die Einleitung. Er grenzt das Thema nach verschiedenen Seiten hin ab, gibt einen umfassenden und kommentierenden Überblick nicht nur über den Stand der Literatur, sondern auch von Symposien und Tagungen vergangener Jahre. Über 70 Seiten Bibliographie mit einer klaren Gliederung in lehramtliche Quellen, Texteditionen, Kunstausstellungskataloge, Kongressakten sowie Literatur lassen keine Wünsche offen, sondern sind eine ausgezeichnete Hilfe für alle, die mit diesem Thema arbeiten. … Ab Seite 889 folgen 98 Farbaufnahmen. Der Schwerpunkt liegt auf europäischer Kunst. … Die Auswahl mit dem Schwerpunkt Architektur zeigt …, dass auf diesem Gebiet kirchlicher Kunst Qualität sowohl leichter zu bewerten als auch zu finden ist, denn auf dem der Malerei und Skulptur. … Insgesamt lässt sich zur Auswahl der Bilder sagen, dass es sich hierbei nur um erstrangige Werke handelt.
Dass der Autor mit seiner Ausbildung nicht nur in der Welt der Kunst(geschichte) und der Theologie zu Hause ist, trägt zum Gelingen der gestellten Aufgabe bei. Ein solches Opus erscheint leider viel zu selten, da es sich bei der Quellenforschung um eine mühsame Aufgabe handelt. Ein lockeres Reden oder Schreiben über das Thema Kunst füllt die Bücherregale schneller, dieses Werk jedoch dringt tiefer ein in die spezielle Materie und bringt weiter.
Thomas Frings, Vorsitzender der Bischöflichen Kunstkommission der Diözese Münster, in: theologie.geschichte. Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte 3, 2008
Die zahlreichen Werkübersichten bedeutender Künstler … bildet eine der Stärken dieser Arbeit. … Der Autor verweist … auf das Phänomen der zeitlich − oft sehr − verzögerten Konzilienrezeption. Das vorgelegte Werk erweist sich als grundlegend vor allem in seinem Bemühen, gerade dieser Verzögerung entgegenzuwirken und verdient deshalb die grösste Aufmerksamkeit nicht nur der regionalen Kirchenleitungen d.h. der Bischöfe und Bischofskonferenzen, der Bau- und Kunstreferate der Diözesen, für die es ein Handbuch darstellt, für die beschlussfassenden Gremien auf Bistumsebene und in den Pfarreien, für den Seelsorgsklerus, für die Kunstwissenschaft, der ein Quellenwerk zur zeitgenössischen kirchlichen Kunst geboten ist und für jeden an Liturgie und Kunst interessierten Laien.
Dr. Hans Ramisch, in: Das Münster 62, 2009, S. 82f.