Konzilium

Zwei Figurenpaare in langen Gewändern stehen sich auf einem von Einschnitten zerklüfteten Stück Holz gegenüber. Es ist ein Gipfeltreffen auf einer kleinen Insel, vielleicht sogar auf der letzten, wo auch immer treibenden Scholle. Die vier Abgeordneten erscheinen bescheiden als Würdenträger, als Autoritäten mit der Befugnis zu besprechen und zu verhandeln.

Thematisch könnte es – wie es das von Motorsägen zerfurchte Stück Eichenholz, der achtlos zurückgebliebene „Zwischenraum“ andeutet – um die letzten Dinge gehen. Es könnte um all das gehen, was voneinander trennt, die tiefen Gräben zwischen Mensch und Mensch, zwischen Mensch und Natur, aber auch zwischen gegensätzlichen Vorstellungen und Prinzipien, für die die Figuren stehen.

Die Beratung findet an einem außerordentlichen Ort statt. Er zeigt auf, was alles repariert und überwunden werden muss, um den Boden, auf dem sie stehen wieder ganz und begehbar zu machen. Es geht um alles. Es geht um’s Prinzip.

Doch wer sind die vier Persönlichkeiten? Ihre Attribute sind minimal. Die Personen treten paarweise einander gegenüber, so dass zwischen ihnen eine – möglicherweise gegensätzliche – Beziehung entsteht. Sie erinnern an die Jünger, die Jesus zu zweit als Vorboten in die Orte ausgesandt hat, in die er selbst gehen wollte (vgl. Lk 10,1). Die Person mit dem Stab in der Hand hat etwas von einem Wanderer, von einem Hirten, aber auch von einem Herold, der im Namen seines Herrn eine Botschaft zu verkünden hat. Andererseits vermag der Stab auf den Brauch zu verweisen, dass Könige und Richter bei der Rechtsprechung einen Richterstab gehalten haben. Bei einer allegorischen Interpretation könnte der Stabträger deshalb für die Gerechtigkeit stehen. Ausgehend von Psalm 85 Vers 11, in dem grundlegende ethische Prinzipien – früher als „göttliche Tugenden“ bezeichnet – sich paarweise gegenüberstehen, könnte der stille Begleiter zur Linken der Gerechtigkeit die Wahrheit sein, charakterisiert durch die dreieckigen Teilformen, die auf Gott als ihre Quelle verweisen. Ihnen gegenüber die Gnade, Huld oder Barmherzigkeit mit dem Frieden an ihrer Seite. Dabei charakterisiert sich die Barmherzigkeit durch einen Riss, der tief einschneidend von der Brust nach unten führt.

So wie im Psalm Gnade und Wahrheit, Gerechtigkeit und Friede Zeichen von Gottes Nähe und Heil sind, so künden die vier allegorischen Figuren in ihrem konziliarischen Bemühen von der Überwindung von Meinungsverschiedenheiten und Glaubensgräben als auch von der Versöhnung der Gegensätze und zerstörerischen Verletzungen im Kommen des HERRN, der uns die Zusage gegeben hat: „Seht, ich mache alles neu.“ (Offb 21,5) Diese Zeitenwende ist mit der Geburt Jesu geschichtlich bereits eingetreten, so dass die Menschen durch Jesus Christus erlöst und befreit sind von den Forderungen des Gesetzes, die Gegensätze versöhnt und die Gräben überwunden sind. Zumindest für die, die daran glauben. (vgl. Joh 3,16f)

In dem Sinne wird das weggeworfene Stück Holz zum Symbol für Jesus selbst. „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden.“ (Mk 12,10) Jesus ist das tragende Fundament und verbindende Element, Er ist das Boot, das die Gläubigen über Abgründe und durch die Stürme trägt. Das zerklüftete Holz vermag selbst auf das Leiden am Kreuz zu verweisen, an dem Jesus aus Liebe zu uns für unsere Sünden gestorben ist.

Psalm 85,9-14
Ich will hören, was Gott redet: Frieden verkündet der HERR seinem Volk und seinen Frommen, sie sollen sich nicht zur Torheit wenden. Fürwahr, sein Heil ist denen nahe, die ihn fürchten, seine Herrlichkeit wohne in unserm Land. Es begegnen einander Huld und Treue; Gerechtigkeit und Friede küssen sich. Treue sprosst aus der Erde hervor; Gerechtigkeit blickt vom Himmel hernieder. Ja, der HERR gibt Gutes und unser Land gibt seinen Ertrag. Gerechtigkeit geht vor ihm her und bahnt den Weg seiner Schritte.

 

Arbeiten von Annette Zappe sind bis zum 14. April 2024 in der Schatzkammer des Museums Kloster Kamp in der Einzelausstellung „SchittWeise“ ausgestellt und zu besichtigen.

Ankündigung und Programm

Im Basler Münster befinden sich in der Nikolauskapelle drei Glasfenster, die mit dem Ornament der Schriftzeichen gestaltet worden sind. Sie stehen konsequent in der Tradition der Schweizer Reformation, die Gläubigen durch das Wort zu stärken und nicht durch Bilder vom Wesentlichen abzulenken. Die „Wortfenster“ des Basler Künstlers Samuel Buri sind alle mit den gleichen Worten aus dem Buch Jesaja 9,6 (Lutherbibel; 9,5 Einheitsübersetzung) gestaltet. Im Chorfenster in Deutsch, in den beiden seitlichen Fenstern in Englisch und Französisch.

WUNDERBAR, RAT, KRAFT, HELD, EWIG VATER, FRIEDE FÜRST

Wonderful Counselor, Mighty God, Ever Lasting Father, Prince of Peace

Admirable Conseiller, Dieu puissant, Père éternel, Prince de la Paix

Die farbliche Gestaltung beschränkt sich auf die drei Grundfarben rot, gelb und blau, die im Giebelmaßwerk der Fenster in Dreieckformen die Positionen wechseln. In jedem der Fenster „fließt“ eine der drei Farben nach unten in den Text hinein und bildet zwischen den weißen Buchstaben und insbesondere im seitlichen und unteren Randbereich feine farbliche Akzente.

Die drei sich in der Mitte berührenden Farbsegmente lassen an ein Symbol für die Dreifaltigkeit denken, die sich in einem Menschenkind entäußert und ihre dreifaltige Größe in eben diesen fünf Namen offenbart. Jedes einzelne Wort ist Programm und geistige Nahrung für jeden, der die Worte liest. Wie die drei Grundfarben die Basis für alle weiteren Farben sind, so sind die Namen des verheißenen Kindes – das dem „Volk, das in der Finsternis ging“ verkündet wurde (vgl. Jes 9,1) – über seine Geburt hinaus eine lichtvolle Basis für die Gestaltung eines Lebens aus dem Glauben. Die kraftvollen Worte können nicht oft genug gelesen und meditiert werden. Sie führen zur Anbetung des Gottessohnes, sie führen zur lebendigen Gemeinschaft mit Jesus und aus dieser Gemeinschaft heraus „zu einer intensiveren Lebensfülle“. Denn für den Künstler „führt ein Fenster zur Fülle des Lebens“. (Beat Rink)

Alle Menschen sollen Zugang zu dieser intensiveren Lebensfülle erhalten. Deshalb war es nur konsequent, Gottes Botschaft zum einen in Deutsch und Französisch abzubilden, den beiden Sprachen, die im Länderdreieck „Schweiz – Deutschland – Frankreich“ gesprochen werden, zum anderen aber in Englisch, der Welt- und Touristensprache des 20. Jahrhunderts.

So können auch wir heute die Namen Gottes mit auf den Weg zur Krippe nehmen und sie Ihm – Ehre erweisend und Ihn anbetend – darbringen: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens! Wir können mit Seinen Namen an der Krippe verweilen und aus der gestärkten Gemeinschaft mit Ihm seine Namen als Halt und Wegweiser in den Alltag mitnehmen – einem nun mit Gott erfüllten Leben.

„Suche Frieden und jage ihm nach“

Sehnsucht nach Frieden
Jeder von uns trägt in sich die tiefe Sehnsucht und Hoffnung, sein Leben in Frieden leben zu können. Das bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Streit und Krieg. Dazu gehören auch wirtschaftliche Stabilität, tragende mitmenschliche Beziehungen, sinnerfüllende Tätigkeiten, Anerkennung. Diese und weitere Faktoren tragen zu einem inneren Frieden bei, den man auch als innere Ruhe oder satte Zufriedenheit bezeichnen könnte.

Doch jeder von uns weiß, wie zerbrechlich und flüchtig Frieden in unserem Leben ist. Schon eine Kleinigkeit wie ein Wort vermag uns aus der Ruhe zu bringen. Oder ein unerfüllter Wunsch lässt Unzufriedenheit in uns aufkeimen. Streit vermag Beziehungen zu zerstören, Neid und Missgunst schwächen die Arbeitskraft, Machtgelüste bringt Unfrieden übers Land. Die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen.

Gerade weil Frieden keine Selbstverständlichkeit ist und schnell seine Tragfähigkeit verliert, ist der unaufhörliche Aufruf zu seiner Bewahrung im wahrsten Sinne des Wortes notwendig. David fordert deshalb im Psalm 34,15 auf: „Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach.“ Er betet diese Worte auf der Flucht vor König Saul, der ihm voller Neid über seine Erfolge nach dem Leben trachtet.

Frieden suchen
Aus der Lebenssituation Davids geht hervor, dass die Suche nach Frieden aus der Verbundenheit mit Gott, im Gespräch mit ihm, dem Gebet, beginnt, dann daraus heraus mit einer aktiven Entscheidung für das Gute zu tun haben und wie bei einer Jagd mit einer außerordentlichen Anstrengung verbunden sind. Frieden ist nicht einfach da, er muss mit allen Kräften und Fähigkeiten gesucht werden, er will entdeckt und festgehalten werden. Denn Frieden ist kein materielles Gut, sondern entsteht aus dem respekt- und rücksichtsvollen Umgang mit sich selbst, dem Nächsten und der Schöpfung.

Im Bild ist diese Suche oder diese Jagd als etwas Dynamisches dargestellt. Als eine lichte Öffnung in der vordergründigen Gegenwart, die in die Tiefe führt. Dies lässt erahnen, dass Frieden immer etwas Göttliches in sich hat. Am tiefsten Punkt des diagonalen Lichteinbruchs und steht ein Kreuz wie ein Anker in der stürmischen See. Es bildet den Fixpunkt und Ruhepol in einer unruhig bewegten Umgebung aus dunklen Bereichen, mattem Gelb und unklaren Strukturen. Es verweist auf Jesus, den Gott in die Tiefen unseres Lebens hineingegeben hat, damit er auch dort, wo wir nicht hinkommen, Vergebung und Versöhnung schenken kann. Durch sein friedenstiftendes Wirken wird es heller und friedvoller in der Welt unserer Herzen. Das erkannte auch der Schweizer Mystiker Nikolaus von der Flüe, der Gott als Urgrund des Friedens sah und über ihn sagte: „Fried ist allweg in Gott, denn Gott ist der Fried.“ Leuchtend gelb strahlt das Kreuz Licht und Hoffnung aus und in den gelben Farbelementen wird eine von ihm ausgehende Gnadenfülle spürbar. Im oberen Bereich des Lichtstrahls gliedern waagrechte Farbstriche wie Treppenstufen die helle Fläche. Ihre Farben erinnern an den Regenbogen als Zeichen des Friedensbundes zwischen Gott und den Menschen (Gen 9,8-17).

Frieden stiften
Gleichzeitig führen die Treppenstufen über das Bildformat hinaus in den Himmel. Damit verweisen sie auf den Traum Jakobs, der den Himmel offen und Engel auf einer Treppe auf- und niedersteigen sah (Gen 28,12). Diese farbenfrohen Stufen laden auch uns ein, aktiv zu werden und Zeichen zu setzen, damit Frieden in dieser Welt werden kann. Sie laden ein und machen deutlich, dass Frieden bewahren oder bewirken mit Anstrengungen und Bemühungen verbunden ist, die an unsere Grenzen, aber auch in den Himmel hinaufführen. „Selig die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“, ruft Jesus seinen Zuhörern in den Seligpreisungen am Anfang der Bergpredigt zu. Hier gibt er auch ganz konkrete Beispiele, wie aus der innigen Verbundenheit mit Gott heraus Frieden gestiftet und damit jedes Mal etwas mehr vom Himmelreich mitten unter uns sichtbar werden kann: Bei mir angefangen heißt das, mich nicht so wichtig zu nehmen, meine Ansprüche maßvoll zu gestalten, bescheiden und ressourcenorientiert zu leben, damit alle genug haben. In Bezug auf die Mitmenschen bedeutet dies, empathisch den Nächsten zu sehen und mich selbstlos einzusetzen und einzumischen, wo er in Not ist oder ungerecht behandelt wird. Im Weiteren gilt es die Schöpfung in ihrer Artenvielfalt und ihrem Reichtum zu respektieren und zu bewahren. Denn auch sie braucht ihren Frieden, um uns nachhaltig versorgen zu können.

„Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“ (Mt 5,9)

Dieses Bild kann mit dem eingedrucktem Text der Jahreslosung 2019 als Karte, Poster, usw. HIER bezogen werden.

Sich in den Frieden retten

Bilderrätsel haben es so an sich, dass ihre Elemente für den Betrachter nur Vermittler zur wesentlichen Botschaft sind. Diese ist unter den Zeichen verborgen und wird erst durch das Enträtseln des Symbols sichtbar.

In der vorliegenden Arbeit bildet der Bildausschnitt eines wie zufällig unter einem Fluchtwegschild an die Wand gelehnten Blindenstocks den Anreiz, dem Bildrätsel nachzugehen und die eigenartige Erscheinung zu ergründen. Zuerst mag auffallen, dass die Zeichen auf dem Schild verändert worden sind. Anstelle des rechteckigen Symbols für die Tür ins Freie hat der Künstler das Symbol für „peace“ – Frieden gesetzt. Die Botschaft des Schildes heißt jetzt in etwa „Suche den Frieden“ oder „Dein Fluchtweg ist der Frieden“, „Rette dich in den Frieden“.

Dass diese Suche des Friedens, dieses aus den mit Unfrieden angezündeten und brennenden Häusern, Räumen und Gemeinschaften Flüchten nicht so einfach ist wie auf dem Schild dargestellt, darauf weist der Blindenstock hin. Der Friede ist da, doch wie Blinde sehen wir ihn meistens nicht. Wir vermögen ihn oft nicht zu erkennen und suchen ihn wie Blinde mit den verschiedensten Hilfsmitteln, vor allem in Notsituationen, eben wenn Unfrieden im Haus ist und sein zerstörerisches Unwesen treibt.

Und doch ist der Frieden so nah. Er könnte bei mir beginnen. Es liegt in meiner Hand, es gehört zu meinem Vermögen, Frieden zu stiften. Ja, ich kann Friedensstifter sein, doch gleichzeitig ist es schwer, den Frieden zu bewahren und nach einem Bruch wiederherzustellen. Er ist so zerbrechlich …, gerade bei großer Unzufriedenheit und starken Zerwürfnissen scheint der Frieden oft eine Sehnsucht zu bleiben. Und obwohl die Sehnsucht nach Frieden grenzenlos ist, obwohl man ihn sich wie nichts anderes wünscht, tappt man bei der Suche oft im Dunkeln.

Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb u.a. die katholischen Gottesdienste wesentlich vom Erbarmen Gottes geprägt sind, das in allen Beziehungen Vergebung und Versöhnung ermöglicht. Jesus ist der Friedensstifter, der durch seine Hingabe alles Trennende wegnimmt und die Basis schafft für neue Beziehungen. Er sagt den Gläubigen zu: „Frieden hinterlasse ich Euch, meinen Frieden gebe ich euch,“ und „Gehet hin in Frieden.“

Im Gleichgewicht mit Gott und sich selbst kann das Kunststück gelingen, rücksichtsvoll zu all jenen in unserer Gesellschaft zu sein, die nicht der Norm entsprechen, ja ihnen sogar zuvorkommend zu begegnen. Frieden beginnt im zwischenmenschlichen Bereich in der gegenseitigen Achtung, im behutsamen Umgang miteinander, im Bemühen, niemanden zu verletzen, usw. Der Blindenstock erinnert uns daran, dass wir dafür immer wieder unsere Umgebung nach „Hindernissen abtasten“ und ihnen gegebenenfalls ausweichen müssen, damit der Friede bewahrt wird und niemand zu Schaden kommt. Es liegt an uns, den Frieden zu „retten“ und ihn Tag für Tag „in Sicherheit zu bringen“ vor allen zerstörerischen Kräften. Gott hat uns alle Fähigkeiten dazu gegeben.

In die Hand gelegt

Ein sitzender Buddha meditiert ein mit Brombeerranken umwickeltes Bündel, das von der Größe und der Lage her an ein Kleinkind erinnert. Was für einen spannungsvollen Gegensatz hat die Künstlerin durch das Zusammenbringen dieser beiden Objekte aufgebaut, was für Welten sich dadurch begegnen lassen.

Schon rein materiell betrachtet bildet die glänzend-weiße Oberfläche des Porzellans einen kontrastreichen Hintergrund zu den matten Naturmaterialen des Bündels. Während die Buddhafigur sitzt und in einer meditativen Haltung verweilt, liegt das dornige Objekt passiv in ihrem Schoß und scheint die Situation zu erleiden. Außerdem steht die industriell-serielle Fertigung der Buddhafigur einer einmaligen manuellen Herstellung des Bündels gegenüber.

Die Buddhafigur stellt in idealisierter Form Siddharta Gautama dar, der meditiert, um Erleuchtung zu erlangen. Er sitzt mit gekreuzten Beinen da, eine Hand liegt in der anderen, beide Handflächen zeigen nach oben. Seine Augen sind geschlossen, sein Kopf leicht nach vorne geneigt. Auffallend sind auch seine großen Ohren, die hörende Offenheit signalisieren. Die Konzentration seiner Sammlung, die Hinwendung all seiner Sinne auf eine unsichtbare, transzendente wie immanente Präsenz ist deutlich spürbar.

Die Zufriedenheit, die er ausstrahlt, der Frieden, der von ihm ausgeht, lassen ahnen, dass er dieser geheimnisvollen Gegenwart begegnen und in dieser Begegnung verweilen durfte. Umspielt nicht ein leises Glück seine Mundwinkel und seine Augen? Er macht den glücklichen Eindruck, den oder das gefunden zu haben, das ihn erfüllt, ihm Halt gibt und ihn tief in sich ruhen lässt.

Macht das vielleicht die Faszination der Buddhafiguren aus, dass sie Ruhe und Harmonie, Zufriedenheit und ein Glücklich-Sein ausstrahlen, die wir uns so sehr ersehnen und in den Gesichtern unserer Mitmenschen so oft suchen? Ist er vielleicht deshalb auch für Christen so attraktiv geworden, weil er zu den unzähligen Kreuzigungsdarstellungen, die das Bild von Jesus mitprägen, eine Alternative bietet, bei der nicht das Leid und der Tod, sondern die Suche nach Erkenntnis, Ausgeglichenheit und Glück, letztlich das Leben im Hier und Jetzt im Vordergrund steht?

Das Bündel in seinem Schoß scheint ihn in seiner Meditation nicht zu stören, auch wenn es in den Brennpunkt seiner Aufmerksamkeit gelegt wurde. Für den Betrachter wird es aber zur humanistisch-christlichen Herausforderung, bei aller Konzentration auf das eigene Wohlergehen nicht den Blick für die Umwelt und Mitmenschen zu verlieren, für ihre Not und ihre Leiden. Das verschnürte Bündel aus Zeitungen und Stoff erinnert zum einen an ein Kleinkind, zum anderen schaffen die Dornenranken und das mit roter Farbe betupfte Tuch einen eindeutigen Bezug zum Leiden Jesu. Damit vermag das Bündel das Elend und die Hilfsbedürftigkeit der Menschen in ihrer lebenslänglichen „Menschwerdung“ von der Geburt bis zum Tod zu symbolisieren.

Offensichtlich ist auch die formale Ähnlichkeit mit einer Pietà. Von Maria sind unzählige Darstellungen überliefert, in denen sie ihren Sohn mit Freude als Kleinkind und mit Trauer als Verstorbenen in ihrem Schoß gehalten hat. Wie sie sollen wir den uns Anvertrauten das ganze Leben lang Halt geben. Letztlich geht es der Künstlerin darum, darauf hinzuweisen, dass Kontemplation und Aktion zusammengehören, dass wir einerseits leere Herzen und Hände brauchen, um uns selbst zu finden, andererseits um Einsicht und Mut zu erhalten, wo und wie wir in unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen und zum Wohle der ganzen Welt handeln müssen. – Denn vollkommenes Glück erreicht der Mensch nur in der Zuwendung zum Menschen.

Friedensstifter

Geradezu „wortkarg“ präsentiert sich das Triptychon aus drei gleich großen, weißen Tafeln. Das mittlere Bild zeigt aus der Vogelperspektive ein nestartiges Gebilde aus kreisförmig ineinander verflochtenen Zweigen. Auf der linken Tafel ist in der unteren Hälfte eine weiße Taube zu sehen. Das rechte Bild ist leer. Was die wenigen Zeichen wohl aussagen wollen? Wie kommt die Künstlerin dazu, sie mit Weihnachten zu verbinden?

Das kreisförmige Geflecht mit seiner weißen Mitte dominiert die Bildfläche. Seine Zweige sind nicht, wie zu erwarten wäre, dunkel, sondern weiß, weil sie mit Schnee bedeckt gezeichnet wurden. Da das Zentrum darunter verdeckt ist, erscheint die Mitte leer.

Durch den Vogel unten links wird der Kranz assoziativ mit einem Vogelnest verbunden. Doch da, wo er seine Eier ablegen könnte, liegt dicker Schnee. Ein unwirtlicher Ort, genau wie die Krippe. Sie verweisen auf die Stelle 1,11 im Johannes-Evangelium: “Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Gleichzeitig verweist das unbrauchbar gewordene Nest als Dornenkorne auf die Passion Jesu. Der Vogel, der keinen Platz findet, dem Schnee und Kälte den Gebrauch des Nestes verwehren, das ist die Fortsetzung der Weihnachtsgeschichte.

Die zur Mitte hin gerichtete Taube möchte primär an den Heiligen Geist erinnern, der bei der Verkündigung über Maria kam und sie überschattete (Lk 1,35). Während er in den mittelalterlichen Darstellungen jedoch dynamisch von Gott Vater zu Maria flog, steht die Taube hier seltsam statisch da, eher abwartend und beobachtend, was nun geschehen wird. Doch über den drei Bildtafeln herrscht ein bewegungsloses Schweigen, das durch die absolut leere rechte Tafel noch verstärkt wird.

Denn neben den Andeutungen auf das Weihnachtsgeschehen stehen die drei gleichformatigen Tafeln auch für die Dreieinigkeit Gottes: Links der Heilige Geist, (Taube), in der Mitte des Weihnachtsgeschehens Jesus, (Dornenkrone), rechts Gott Vater, der Verborgene, nicht Darstellbare (leere Fläche).

Im Zusammenhang mit dem zentralen Dornenkranz als Sinnbild für Unrecht, Folter, Leid und Mord kann die Taube im weiteren auch als Friedensmahnerin gesehen werden. Durch Jesaja ist das göttliche Kind als Fürst des Friedens angekündigt worden, dessen Herrschaft groß sei und dessen Friede kein Ende habe (9,5-6). Doch die Hoffnung der auf Jesus schauenden Taube wurde enttäuscht. Jesus konnte in seinem kurzen Wirken gerade den Anfang für ein Reich des Friedens setzen. Nun liegt das Bewahren und Bewirken des Friedens an uns.

Die Festlegung des Weltfriedenstages auf den 1. Januar und die damit verbundene jährliche Botschaft des Papstes möchten daran erinnern, dass Frieden nicht einfach geschieht, sondern durch innere Haltung und aktives Handeln entsteht. Eine innere Haltung, die wie das Innere des Dornenkranzes von Ruhe und Zufriedenheit gekennzeichnet ist, ein aktives Handeln, das wie jenes von Jesus aus dieser inneren Kraft gegen die kleinen und großen Missstände in der Welt angeht, die einem oft wie ein unentwirrbares Geflecht umgeben. Den Mut für die stets kommende und viele Chancen beinhaltende neue Zeit wünsche ich uns allen. Spricht nicht aus der Haltung und dem Blick der Taube auch diese Hoffung, dieser Wunsch?

Ich will Frieden

Wie das Transparent einer Friedensdemonstration ragt sie unübersehbar in die Höhe. Doch so rostig sich der Stahl der übergroßen „Papierrolle“ auch gibt, dieses stille Mahnmal will eine bleibende Kundgebung für den Frieden sein. Sein Platz ist der Friedhof von Engen. Da steht es auf einem Rasenstück zwischen Kriegsgräbern und Kapelle.

Vergangenen Dezember wurden die Einwohner der Stadt Engen eingeladen, die Worte „Ich will Frieden“ auf ein Blatt Papier zu schreiben. Die Aktion war bewusst in die Adventszeit gelegt worden, die Vorbereitungszeit auf Weihnachten, die Geburtsfeier des Gottessohnes, der auch Friedensfürst genannt wird. Wie bei einer Petition haben Hunderte von Menschen ihren Schriftzug hinterlassen, es gab keine Einschränkungen. So konnten sich Menschen jeden Alters und Geschlechts und unabhängig von Nationalität oder Religionszugehörigkeit für diese bleibende Kundgebung zusammentun.

Die Worte „Ich will Frieden“ sind eine starke Willensbekundung. Laut Aussage der Künstlerin fiel sie vielen nicht leicht. Manchen war sie sogar unmöglich. In den drei kurzen, handgeschriebenen Worten gibt die Persönlichkeit ihr Wollen für alle zwischenmenschlichen Beziehungen zum Ausdruck. Gemeinsam formieren sie sich zu einem eindrücklichen Zeichen, bei dem jeder Schriftzug ein Licht- und Durchblick in der großen Stahlwand geworden ist. Jede dieser Kundgebungen durchbricht damit zeichenhaft die oft stahlharte und trennende Wand zwischen den Menschen und ermöglicht Begegnungen, Transparenz und versöhnende Gespräche.

Die Skulptur regt zum Nachdenken an. Will auch ich Frieden? Was trage ich zum Frieden in dieser, in meiner Welt bei? Die Skulptur lässt eine Vision aufleuchten: Wenn ganz viele Menschen ihren Willen zum Frieden in die Stahlplatte einbrennen ließen, würde von ihr nicht viel übrig bleiben und würde es nicht mehr so viele Kriegsgräber geben. Aber noch ist es nicht so weit, dass alle Menschen Frieden wollen oder Frieden schließen können. So bleibt das sich aufrollende Blatt Papier ein Mahnmal. Auf Grund der vielen traurigen Erfahrungen in der Vergangenheit ist ein Anfang gemacht, ein Zeichen für den Frieden gesetzt worden. Damit aber wirklich Frieden wird und bleibt, braucht es von jedem Menschen zu jeder Zeit auch im alltäglichen Miteinander den tatkräftigen Willen zum Frieden.

 

Weitere Informationen zu dieser Arbeit auf der Website der Künstlerin.

Friedensglocke

Von Glocken kennen wir meistens nur deren Klang, seltener ihre Gestaltung, Symbolik und deren Bedeutung. Bei der Friedensglocke von Straßburg, die fast 600 Jahre nach dem Bau der Kathedrale dem Glockengeläut beigefügt worden ist, haben wir die Gelegenheit, sie aus der Nähe zu betrachten.

Luftige Gestalten hat der Künstler Tobias Kammerer auf ihrer Außenseite angebracht. Sie umgeben  die Glocke, scheinen auf ihr zu tanzen. Sind es Engel? Oder sollen sie einfach wie die Glockentöne Botschafter des Friedens sein? Was in zwei Sprachen auf dem Glockenrand geschrieben steht …

Friedensglocke aus Karlsruhe
für Strasbourg im Jahre 2004
Freude dieser Stadt bedeute –
Friede sei ihr erst Geläute!
Que la première sonnette signifie –
joie et paix pour la cité !
Que les cloches sonnent pour la paix.

… wird in einer für alle Völker verständlichen Sprache und in eindringlichem Ton – mahnend, ermunternd – vom Turm herunter verkündet. Haben die engelsgleichen Wesen nicht eine entfernte Ähnlichkeit mit Notenschlüsseln? Entschlüsseln, offenbaren sie nicht eine himmlische, ja paradiesische Botschaft mit dem Frieden?

Die Engel tragen doch den Frieden Gottes als stimmigen Ton, als Grundton, der alles Leben ermöglicht und schön macht, in sich. Rund um die Glocke tragen sie diese Botschaft, wie rund um den Erdball, der den Frieden so nötig hat. Haben deshalb die flach ausgeführten Engel eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kontinenten und Inseln im weiten Meer?

Bei der Geburt Jesu brachten die Engel die frohe Botschaft zuerst zu den Hirten, die Schafe hüteten (Lk 2,10-14). Die Hirten könnten für alle Menschen stehen, die Verantwortung tragen für andere Lebewesen, Menschen, Tiere und Pflanzen! Gilt nicht ihnen allen – und nicht nur zur Weihnachtszeit – diese Frohbotschaft des Friedens? Weil letztlich nicht nur wir Menschen den Frieden brauchen, sondern die ganze Erde, auch der Boden, der uns trägt und ernährt!

„Zu einem Leben in Frieden hat Gott euch berufen,“ schreibt Paulus seiner Gemeinde in Korinth (1Kor 7,15). Mit dem Geschenk an die Stadt Strasbourg, wo das Europaparlament seinen Sitz hat, setzt die Stadt Karlsruhe ein Zeichen der Freundschaft und des Friedens über Sprach- und Landesgrenzen hinweg.

In dieser Glocke tönen eindringlich Jesu Grußworte an seine Jünger wieder: „Friede sei mit euch!“ (Lk 24,36) In jedem Gottesdienst werden wir mit diesem Wort begrüßt und bestärkt, die Sendung der zweiundsiebzig Jünger fortzusetzen, die in alle Städte und Ortschaften gehen sollten, in die Jesus selbst gehen wollte. „Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. … Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: FRIEDE DIESEM HAUS!“ (Lk 10,1-5)