Ein Kreuz, geformt aus 96 Fischkonserven (53 senkrecht, 43 waagrecht), liegt am Boden. Ordentlich stehen die Dosen in Dreierreihen nebeneinander, vereinzelt nur zu zweit oder aber auch zu viert. Die Kombination der bunten Dosen mit dem Kreuz befremdet. Irgendwie wollen das kommerzialisierte Konsumgut Fisch und die strenge Kreuzform ästhetisch nicht zusammenpassen. Wollte der Künstler ein Mahnmal schaffen für den rücksichtslosen Umgang des Menschen mit seiner Umwelt? Themen wie Überfischung, Tierquälerei oder Fischsterben durch verschmutzte Gewässer infolge menschlicher Profitgier und Marktinteressen kommen in den Sinn. Doch was vermag uns das Fischkonservenkreuz darüber hinaus sagen? Was gibt es für inhaltliche Berührungspunkte oder sogar Parallelen zwischen den Fischen und dem Kreuz?
„Konserve“ Kreuz
Die Fische sind gefangen genommen und getötet worden, um den Menschen als Nahrung zu dienen. In den Blechdosen werden sie unverderblich gemacht, konserviert, und bleiben damit über eine längere Zeit haltbar. Dadurch können sie über große Distanzen transportiert und fast überall auf der Erde verkauft und verzehrt werden, ohne dass der Fisch geschmacklich oder gesundheitsgefährdend sich verändern würde.
Hier werden Parallelen zum Leidensweg Jesu sichtbar und seinen Worten beim letzten Abendmahl: „Nehmt und esst, das ist mein Leib. Trinkt, das ist mein Blut.“ (Mt 26,26-28) Auch wenn dem Kreuz wie den Konserven Folter und Tod anhaften (Jesus und die Fische), so tragen beide das Leben in sich. Jesus gibt sich den Seinen, „damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben“ (Joh 10,10b). Wer von den Fischen isst, dessen Leben wird gestärkt. So macht diese Arbeit deutlich, dass auch das Kreuz eine „Konserve“ ist. Denn gerade das lateinische Kreuz ist untrennbar mit dem Leiden und dem Tod Jesu verbunden. Es trägt diese Botschaft unverderblich durch Zeit und Raum, nachösterlich verbunden mit Jesu Auferstehung von den Toten und seine Rückkehr zum Vater.
„Konserve“ Bibel
Die konservierten Fische lassen zudem eine Parallele zur Bibel zu. Denn auch das Wort Gottes ist konserviert. In seiner geschriebenen Form ist es haltbar gemacht, leicht transportierbar und für alle zugänglich. Auch Gottes Wort ist Nahrung, im Gegensatz zum Fisch allerdings für Geist und Seele. Intuitiv würde man Gottes Wort vielleicht mehr mit dem Kerzenlicht vergleichen, das man unerschöpflich teilen kann, ohne dass jemanden einen Verlust erleidet. Beim Fisch kann nicht auf gleiche Weise geteilt werden. Allerdings hat Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen mehr als fünftausend Menschen gespeist und es blieben zwölf Körbe übrig (Mt 14,13-21), so dass auch Brot und Fisch als Symbole für sein grenzenloses lebenstärkendes Geben gesehen werden können.
Die Frage liegt nahe: Lässt sich im Kreuz nicht auch die Form eines Menschen sehen, der mit ausgebreiteten Armen am Boden liegt, und sich ganz dem Betrachter hingibt? Der sie in seiner ungewöhnlichen Erscheinung lockt, wie Moses am brennenden Dornbusch näher zu treten? Der einlädt, das Kreuz und durch es IHN zu schauen? Der sich dadurch als Gebender offenbart und sie einlädt, von ihm zu nehmen und zu essen?
„Konserve“ Fisch
So wie das Kreuz bis in unsere Zeit DAS Bekenntniszeichen für Christen ist, muss es der Fisch für die Christen der ersten Jahrhunderte gewesen sein. Er war DAS Erkennungszeichen für die Christen in der Verfolgung. Denn das griechische Wort für Fisch, ἰχθύς (ichthýs), enthält ein stichwortartiges Glaubensbekenntnis, in dem jeder Buchstabe auf eine Eigenschaft Jesu hinweist:
- I – Jesus (Iēsoũs)
- Χ – Christus (Χριστὸς/Christòs , der Gesalbte)
- Θ – Gottes (Θεού, theoú)
- Υ – Sohn (Υἱὸς)
- Σ – Erlöser (Σωτήρ, sotér)
Die eine Person zeichnete einen Bogen in den Sand, eine zweite Person ergänzte das Symbol so mit einem Gegenbogen, dass eine Fischform entstand. Damit zeigte er sich als Bruder oder Schwester im Glauben an Christus.
Die Konservendosen könnten ein modernes Glaubensbekenntnis sein. Sie enthalten Fische aus der ganzen Welt. Womit in dieser Kreuzform die ganze Welt zeichenhaft versammelt wurde. Jesus hat seine Jünger zu Menschenfischern berufen. Er hat ihnen den Auftrag gegeben, sein Wort zu allen Völkern zu tragen, damit alle zum Glauben an den Vater, ihn und den Heiligen Geist kommen und in diesem Glauben eins werden. Dieser Auftrag lässt sich nicht konservieren. Nur leben. Weshalb jeder Gläubige zu jeder Zeit berufen ist, auf seine ihm eigene Art und Weise Zeugnis von seinem Glauben abzulegen – in einem lebendigen Glaubenszeugnis!