Von Glocken kennen wir meistens nur deren Klang, seltener ihre Gestaltung, Symbolik und deren Bedeutung. Bei der Friedensglocke von Straßburg, die fast 600 Jahre nach dem Bau der Kathedrale dem Glockengeläut beigefügt worden ist, haben wir die Gelegenheit, sie aus der Nähe zu betrachten.
Luftige Gestalten hat der Künstler Tobias Kammerer auf ihrer Außenseite angebracht. Sie umgeben die Glocke, scheinen auf ihr zu tanzen. Sind es Engel? Oder sollen sie einfach wie die Glockentöne Botschafter des Friedens sein? Was in zwei Sprachen auf dem Glockenrand geschrieben steht …
Friedensglocke aus Karlsruhe
für Strasbourg im Jahre 2004
Freude dieser Stadt bedeute –
Friede sei ihr erst Geläute!
Que la première sonnette signifie –
joie et paix pour la cité !
Que les cloches sonnent pour la paix.
… wird in einer für alle Völker verständlichen Sprache und in eindringlichem Ton – mahnend, ermunternd – vom Turm herunter verkündet. Haben die engelsgleichen Wesen nicht eine entfernte Ähnlichkeit mit Notenschlüsseln? Entschlüsseln, offenbaren sie nicht eine himmlische, ja paradiesische Botschaft mit dem Frieden?
Die Engel tragen doch den Frieden Gottes als stimmigen Ton, als Grundton, der alles Leben ermöglicht und schön macht, in sich. Rund um die Glocke tragen sie diese Botschaft, wie rund um den Erdball, der den Frieden so nötig hat. Haben deshalb die flach ausgeführten Engel eine gewisse Ähnlichkeit mit den Kontinenten und Inseln im weiten Meer?
Bei der Geburt Jesu brachten die Engel die frohe Botschaft zuerst zu den Hirten, die Schafe hüteten (Lk 2,10-14). Die Hirten könnten für alle Menschen stehen, die Verantwortung tragen für andere Lebewesen, Menschen, Tiere und Pflanzen! Gilt nicht ihnen allen – und nicht nur zur Weihnachtszeit – diese Frohbotschaft des Friedens? Weil letztlich nicht nur wir Menschen den Frieden brauchen, sondern die ganze Erde, auch der Boden, der uns trägt und ernährt!
„Zu einem Leben in Frieden hat Gott euch berufen,“ schreibt Paulus seiner Gemeinde in Korinth (1Kor 7,15). Mit dem Geschenk an die Stadt Strasbourg, wo das Europaparlament seinen Sitz hat, setzt die Stadt Karlsruhe ein Zeichen der Freundschaft und des Friedens über Sprach- und Landesgrenzen hinweg.
In dieser Glocke tönen eindringlich Jesu Grußworte an seine Jünger wieder: „Friede sei mit euch!“ (Lk 24,36) In jedem Gottesdienst werden wir mit diesem Wort begrüßt und bestärkt, die Sendung der zweiundsiebzig Jünger fortzusetzen, die in alle Städte und Ortschaften gehen sollten, in die Jesus selbst gehen wollte. „Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. … Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: FRIEDE DIESEM HAUS!“ (Lk 10,1-5)