Auferstehung

Ein ungewöhnliches Bildformat begegnet uns in dieser „Anastasis” von Rainer Jochims. Das Bild ist aus dem rechten Winkel heraus leicht rechts nach oben zu einem Parallelogramm verschoben. Die unteren Ecken sind gerundet, in der Oberkante sind zwei große Einbuchtungen herausgebrochen. Dadurch wirkt diese Kante grob und unfertig, behält mehr von dem, was sich an ihr ereignet hat und wodurch sie seither geprägt wird.

Spürbar will das Werk etwas von dem ihm eingeschriebenen Geheimnis weitergeben. – Doch was ist seine Sprache, was will es uns sagen? – Eine gewisse Ratlosigkeit kann sich breit machen. Es bleibt ein Staunen, aus dem heraus tastende Annäherungen hervorgehen.

Deutet nicht das nach rechts ansteigende Bildformat bereits eine Aufwärtsbewegung an? Auch die Farben werden nach oben heller. Das ruhige Rostrot im unteren Bereich löst sich nach oben gleichsam in gelben Farbtönen auf. Auch kommt von unten nach oben immer mehr Bewegung in die Strichführung hinein. Mit allen Mitteln werden wir zu den beiden geheimnisvollen, rundlichen Einbrüchen am oberen Bildrand hingeführt.

Sie erinnern mich an Fußabdrücke, wie sie auf manchen Himmelfahrts-Ikonen zu sehen sind: Hier stand eben noch Jesus, nun ist er in den Himmel aufgefahren. Durch den weißen Bildhintergrund könnten die Aussparungen tatsächlich als die Füße dessen gesehen werden, der durch seine Worte, Taten und insbesondere durch seine Auferstehung das „Licht der Welt“ geworden ist. So gesehen wäre das Kunstwerk der Boden, der Ausgangspunkt der Auferstehung, auf dem ER seine Spuren hinterlassen hat. Insofern wäre es richtig, wenn unser Blick über das Sichtbare hinaus auf das Unsichtbare und damit Unfassbare außerhalb des Bildes gelenkt wird. ER ist auferstanden!

Dennoch ziehen in der Bildmitte weißliche Aufhellungen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Unser Blick wird in die Tiefe geführt und kann im unfigürlichen, doch bewegten Farbfeld verweilen. Die warmen Farben geben Erinnerungen Raum und Geborgenheit: Erinnerungen an das Leben und Wirken von Jesus, aber auch an eigene Begebenheiten, in denen wir „Auferstehung“ erlebt und im Glauben auch bergende Aufnahme im Himmel erfahren haben.