Stern über meinem Haus

Ein zitronengelber Stern steht leicht seitlich verschoben über einer grünen Hausform. Er scheint vom Himmel herabzukommen, eine weiße gleißende Lichtspur hinterlassend, den ganzen Himmel erleuchtend. Begleitet wird er von weiteren Lichtwesen, die ihn auf seiner Erdenreise begleiten.

Eine große verwandelnde Kraft geht von diesem Stern aus. Sein Leuchten hat das unter ihm befindliche Haus zärtlich am Giebel berührt und es durch sein hineinfließendes Licht aus der dunkelblauen Häuserreihe hervorgerufen. Grün leuchtet es nun in der Farbe des Lebens und der Hoffnung, wie eine Kerze, die von ihrer Flamme erhellt wird.

Plötzlich wird das Innere sichtbar, all die schnellen Pinselstriche, die Farbunterschiede, das Schiefe, die Bewegung im Haus. Der Stern am unteren Ende der Lichtsäule scheint hier durch seine licht- und kraftvolle Berührung viel Staub aufzuwirbeln.

Der Stern über diesem Haus erinnert mich an den Stern von Bethlehem, der den drei Sterndeutern den Weg zum Geburtsort des göttlichen Kindes gezeigt hat. Aber es geht um mehr als die bloße Erinnerung an die drei Könige. Mir kommt es vor, als wolle dieser Stern auch uns zu Gott führen. Zu Gottes Gegenwart in uns – zu Gottes ständiger Geburt in der Tiefe unseres Seins. Kann das Haus nicht ein Symbol für mich, mein Leben, mein Sein, meine Welt sein?

Die Bildgestaltung erinnert mich an ein weiteres biblisches Bild: den Durchzug durch das Rote Meer, als die flammende Feuersäule vor den Israeliten zwischen den Wassermauern durchzog und diese vor den Verfolgern rettete. Links und rechts der Lichtsäule die tosenden Wassermaßen, unten in der Mitte das „Haus Israel“, über dem sich die Fluten zusammenzuschlagen drohen.

In beiden Ereignissen geht es um die Erscheinung des Herrn! (So wird der Dreikönigstag liturgisch genannt.) Gott offenbart sein heilbringendes Wirken gerade in den menschlichen Dunkelheiten wie Angst und Not jeglicher Art. Den Suchenden eilt er zu Hilfe und lässt sie seine heilende und verwandelnde Kraft schauen, erfahren: Licht in der Dunkelheit, Weite in der Enge, Geborgenheit in der Verfolgung, Frieden in der Zwietracht, Zuversicht in der Resignation, Vergebung in der Schuld …

Kann es sein, dass Gottes lichter Stern gerade jetzt über meinem Haus leuchtet?

Maria Hafner hat dieses Bild innerhalb einer Serie von acht Bildern geschaffen. Eine Bildmappe mit 8 Doppelkarten und Meditationstexten von Maria Hafner kann zum Preis von SFR 22,- (zzgl. Versandkosten) bezogen werden bei:

Margreta Camenzind
Weinbergstr. 7
CH-6330 Cham
Tel./Fax: (0041) 041 780 26 18
e-mail: ma.camenzind@bluewin.ch

Hochzeit mit dir, Mensch

Zuunterst im silbernen Wassergrund,
tief unterm Sehn und Verstehn,
ruht schon der Himmel in dir,
Mensch.
Spielt er sein Heilspiel mit dir,
Mensch.
Schliesst er die Hochzeit mit dir,
Mensch.
Zuunterst im Grund.

Zuunterst im silbernen Wassergrund,
tief unterm Sehn und Verstehn,
kommt der Erzengel zu dir,
Mensch.
Ist Gottes Geburt in dir,
Mensch.
Ist ewige Weihnacht in dir,
Mensch.
Zuunterst im Grund.

Schau in den Wasserspiegel hinein,
Mensch.
Du hast alles in dir:
den Hirten, den König, den Stern
und das Tier.
Hingerissen vom Kind,
deinem herrlichen Herrn;
von dem sie gezogen sind,
wollen sie hinknien in dir,
Mensch,
und
wie Maria es anschaun,
zuunterst im Grund.
Amen.

Silja Walter

Gewebte Liebe

Dieses abstrakte Bild mit schwarzem Hintergrund erfordert von uns etwas Zeit, um das schwache Leuchten in der Fläche als ein feinstes Gewebe von goldenen Linien erkennen zu können. Was wir auch weiter auf dem Bild entdecken wollen, dieses aufgeklebte, Falten schlagende, golddurchwirkte Papier bleibt alles, was uns der Künstler in diesem Bild zum Thema Liebe sagen will.

Waagrechte und senkrechte Linien sind zu sehen, unregelmäßig gewellt, Verdichtungen und Leerräume bildend (Detailbild). Ununterbrochene fließende Bewegung von links nach rechts und von oben nach unten und umgekehrt finden sich in diesen Linien, gleichsam Leben in sich tragend. Könnten diese Linien nicht Zeichen für die Liebe sein?

Waagrecht für die Liebe zwischen den Menschen und allem Geschaffenem, senkrecht als Symbol für Gottes Liebe zu seiner Schöpfung und unsere Antwort darauf? Ist die Liebe nicht ein lichtvoller und wie Gold kostbarer Strom, der die Herzen erfreut und die Augen zum Leuchten bringt, wenn sie in Gestalt von Achtung, Menschlichkeit, Mitleid, Barmherzigkeit, Zuneigung, Hilfsbereitschaft, Sorgfalt, Herzlichkeit, Güte, Freundlichkeit u. a. m. daherkommt?

In seiner reinsten Form begegnet uns die Liebe im menschgewordenen Gottessohn. Jesus ist das Licht der Welt. Wer ihm nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh 8,12)

Das Bild von Kai Althoff mag verdeutlichen, dass jeder Akt der Liebe ein Licht im Dunkel des Nichts ist. Wunderschön kommt hier zum Ausdruck, wie das Schenken und Empfangen der Liebe in jeder Beziehung ein Netzwerk entstehen lässt, das einerseits fein und verletzlich wie Gaze ist, andererseits durch die ihm innewohnende Kraft für alle Stürzenden ein auffangendes und haltgebendes Netz darstellt.

Die dankbaren Worten eines Beters, die uns im Psalm 139 überliefert sind, bringen das treffend zum Ausdruck:

“Denn du, Gott, hast mein Inneres geschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter.
Ich danke Dir, dass du mich so wunderbar gestaltet hast. Ich weiß: Staunenswert sind deine Werke.
Als ich geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine Glieder dir nicht verborgen.
Deine Augen sahen, wie ich entstand, in deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war.“
(Ps 139, 13-16)

So betrachtet, kann das goldene Gewebe auch ein Symbol für mich sein – ich bin entstanden im Zusammenwirken der Liebe Gottes in der Liebe vieler Menschen!

Überfließende Liebe schenkt neues Leben

Die Legende überliefert vom heiligen Nikolaus, wie er von der Not eines armen Mannes gehört hatte, der seine drei bildhübschen Töchter nicht verheiraten konnte, weil er kein Geld für die Mitgift hatte. Nikolaus erbarmte sich der drei Mädchen und beschenkte eine nach der anderen im Schlaf mit vielen Goldstücken aus seinem großen Erbe, damit sie heiraten konnten.

Kai Althoff stellt diese Ereignisse in einer Bildsequenz dar. Der heilige Nikolaus neigt sich gerade durch das offene Fenster über die schlafenden Mädchen, um der letzten von ihnen den Schatz in die Arme zu legen. Die Drei merken noch nichts von ihrem Glück, schlafen sie doch tief und fest. Der Vater hingegen ist wach und verfolgt das ungewöhnliche Geschehen mit offenem Mund. Was da geschieht, scheint ihm die Sprache zu verschlagen.

Das Wesentliche wäre damit gesagt. Ein kurzes Verweilen im Bild enthüllt uns jedoch mehr.

Nikolaus ist mit dem roten Gewand und der Mitra als Bischof dargestellt. Das Bischofsgewand bedeutet, dass er als Vorsteher und Hirte einer Gemeinde ein hörendes Herz für die Not seiner „Schafe“ hat. Diese Güte ist ihm auch in sein jugendliches Gesicht geschrieben. Er blieb nicht tatenlos in seinem Palast, sondern beherzigte das Wort Jesu: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40) Um seine Spende nicht an die große Glocke zu hängen, warf er die goldenen „Äpfel“ des Nachts in das Zimmer der drei Jungfrauen.

Die Farbe Rot wird im Gottesdienst an Pfingsten, Karfreitag und Namenstagen von Märtyrern / Bekennern des Glaubens getragen. Im Teilen und damit Verschenken seines Erbes bezeugt der heilige Nikolaus seinen Glauben an Jesus Christus. Wie er ist Nikolaus in seinem Denken und Tun vom Heiligen Geist, dem Geist der Liebe erfüllt und geleitet.

Der Künstler Kai Althoff hat auch die Betten der drei Mädchen rot dargestellt. Sie schlafen im Bett der Liebe, oder anders gesagt wird damit ausgesagt, dass sie verliebt sind. Sie selbst sind erschreckend weiß und schemenhaft dargestellt, fast wie Menschen, die dem Tode nahe sind. Doch von unten nach oben scheint eine Besserung stattzufinden. Ist die unterste Gestalt voller Unruhe – wie in einem Kampf – und ihr Gesicht leichenblass, so kehrt die Ruhe und die Farbe nach oben zunehmend in den Körper der Jungfrauen zurück.

Unabhängig vom Gold, das jede schon erhalten hat, möchte der Künstler uns damit etwas über die Veränderung erzählen, die das Geschenk in den drei Frauen bewirkt hat. Die fehlende Mitgift war nicht nur eine schlimme Notlage, sondern hat sie wie jede Armut an den Rand des Lebens gedrängt, wo es nur noch den täglichen Kampf mit dem Tod – um das kostbare Gut des Lebens – gibt. Durch sein Geschenk hat sie Nikolaus, und das hat zu seiner Heiligkeit beigetragen, vor dem langsamen Tod gerettet. Durch sein Geschenk hat der heilige Nikolaus ihnen die Möglichkeit gegeben, zu heiraten und in die Fülle, das Glück des Lebens zurückzukehren.

Wo wir unsere Reichtümer (nicht nur materiell) teilen, treten wir in die Fußstapfen des heiligen Nikolaus. Grundsätzlich sind alle Menschen Bedürftige der Liebe. Insofern ist jedes selbstlose Schenken ein Hingehen zum Nächsten, ein Eingehen auf seine Not und eine Hilfe auf seinem Weg zur Lebensfülle.

Ich bin froh, dass uns dies der heilige Nikolaus immer wieder in der Vorweihnachtszeit in Erinnerung ruft – wenn wir mit dem Machen und Kaufen von Weihnachtsgeschenken beschäftigt sind. Nicht das Geschenk ist wichtig – sondern die Beziehung zum Menschen, die Liebe zu ihm, die letztlich die Liebe zu IHM ist.

Der brennende Dornbusch

Wie Moses vom brennenden Dornbusch fasziniert war und sich ihm näherte, so fordert diese außergewöhnliche Gotteserscheinung immer wieder neu Künstler zu ihrer Darstellung heraus. Auf seine ihm eigene Weise hat sich ihr Helmut Kästl zugewandt. Da ist kein loderndes Feuer zu sehen und der Dornbusch lässt sich aus den wenigen dürren Zweigen mehr erahnen als sehen. Dafür steht eine feuerrote Scheibe im Vordergrund, gleichsam auf einer Bühne, wo gerade die Vorhänge für den Beginn der Aufführung zurückgezogen werden.

Ein starker Auftritt wird da dem interessierten Betrachter offenbart, der sich wie Moses diesem Dornbusch nähert. Gott erscheint einem Menschen mitten im Leben, als er gerade in der Steppe seine Schafe hütet. Weil es wesentlich um die Gotteserscheinung geht, hat der Künstler den Dornbusch in eine feurig rote Kreisform gestellt, dem Symbol für die Unendlichkeit und Fülle Gottes. Der bewegte Pinselstrich lässt mich die Glut der göttlichen Liebe spüren – und ihre Anziehungskraft. In ihrem Schein errötet die Erde, nimmt sie die Farbe desjenigen an, der „da ist“ (Ex 3,14), mitten unter uns gegenwärtig. In der gleichen Farbe leuchtet der Himmel, der die Dreifaltigkeit symbolisierend in drei waagrechte Schichten mit angedeuteter Mitte aufgeteilt ist. Und in gleicher Weise will das göttliche Licht auch uns erleuchten.

Die Begegnung mit diesem Bild will uns nicht indifferent lassen. In dieser Darstellung öffnet sich Gott uns, von leidenschaftlicher Liebe erfüllt. Wie damals liebt Gott sein Volk und hört er, wie die Menschen um Hilfe schreien. Ich kenne sein Leid. Ich bin herabgestiegen, um es der Hand der Ägypter zu entreissen …“ (3,7c-8a)

Das Bild kann uns sagen, dass Gott zu uns Menschen gekommen ist, um uns wie Moses in seine Nähe zu rufen und uns eine ganz persönliche Aufgabe anzuvertrauen zur Linderung der vielen Leiden und Unfreiheiten. Voraussetzung ist eine gegenbildliche Offenheit zur Offenheit Gottes, die ein Hören mit dem Herzen ermöglicht. Vielleicht geht es uns dann ähnlich wie Moses und wenden ein: Ich? Wer bin ich denn! Wie kann ich das machen? Doch Gott wird auch uns antworten: „Ich bin mit dir.“ (3,12)

Könnte nicht die feuerrote Scheibe mit dem Dornbusch darin als Bild dafür stehen?

Sind wir nicht wie der vergängliche Dornbusch, der von Gottes liebender Gegenwart umgeben und getragen wird, ohne uns zu verzehren?

Ein Engel – für mich?

Der Engel in der Bildmitte lässt auf eine Verkündigungsszene schließen. Er stammt tatsächlich aus einem alten Verkündigungsbild vom Meister der Münchner Bildtafel (15. Jh.). Aber wo ist Maria? In der Blickrichtung des Engels rankt eine goldgelbe Blättergirlande durch das Bild, den Engel von den rechts davon befindlichen Knochen trennend. Auch der Hand des Engels folgend erhalten wir eine verwirrende Antwort: „Die frisch abgezogene Haut muss rasch konserviert“ … Zudem sind unten und oben Doppelstangen von einem großen rechteckigen Rahmen zu sehen. Die Stangen führen uns hinter den Engel zu weiteren Knochen, die von einem menschlichen Arm zu stammen scheinen.

Neue Entdeckung: Linien von Kleiderschnittmustern, die ganz fein hier und dort auftauchen und die einzelnen Elemente miteinander verbinden. Aber wozu Stoffe zuschneiden, wenn der Engel schon so üppig gekleidet ist und auch die Knochen mit einem filigranen Gewebe wie von einem Kleid umgeben sind? Vielleicht will uns die Stofflichkeit – das Material, das uns wesentlich eigen ist – näher gebracht werden: Die Knochen – oder das Gestänge –, die uns tragen; die Haut – oder das Leder oder die Stoffe –, die uns bedecken und uns schön und ansehnlich machen. So sehr es um die Oberfläche geht, werden wir auch in die darunter liegenden Schichten geführt, damit wir uns mit ihnen auseinandersetzen.

Ganz links auf ziegelrotem Grund ein technischer Text über das Gerben, d.h. das Konservieren von Tierhäuten. Kontrastierend zum Johanneswort: „… und das Wort ist Fleisch geworden …“ (1,14) wird vom Haltbarmachen der Haut gesprochen, weil das Fleisch verweslich ist. Aber der Engel bringt als verlängerter Arm Gottes die Botschaft der Menschwerdung Gottes auf die Erde – zu den Menschen. Gleichsam auf seinem Rücken trägt er das ewige (aller Zeit und Vergänglichkeit entgegengesetzte) göttliche Wort, das in den Knochenfragmenten bereits Menschenähnlichkeit angenommen hat. Aus einer anderen Welt kommt der Engel in unsere Welt. Die zerschneidende Doppellinie mitten im Bild und der Übergang von Grautönen zu einer dezenten Farblichkeit betonen das Auftauchen aus einer geistigen Welt. Trotz ihrer Farblosigkeit – die eben die für unsere Augen verborgene Welt bezeichnet – wird sie durch das goldene Blumenmotiv als göttliche Welt deklariert. Aus den vielen „Stoffschichten“ taucht er in unserer Welt auf und bringt weiterhin die Botschaft des Lebens. Nicht nur Maria – seine Einsamkeit scheint zu sagen – uns allen.

„El ángel quedó a cargo de encausar mi palabra, mi oido, mi deseo“, steht in verwischter Handschrift neben dem Engel. Dieser Satz von der chilenischen Schriftstellerin Diamela Eltit könnte folgendermaßen übersetzt werden: “Dem Engel ist aufgetragen, über mein Wort, das was ich höre (im Sinne von Wahrnehmung), und meine Sehnsucht zu richten.” Mit diesem Wort führt uns die Künstlerin noch weiter in die Tiefe der Gottesbegegnung. Steht der Text doch auf dem gleichen „göttlichen“ Goldgelb wie der Heiligenschein. Geschieht und vollendet sich unsere Menschwerdung nicht dort, wo all unser Sehnen und Tun sich von Gottes Licht durchleuchten und richten (gerade, rechtschaffen machen) lässt? – Wie bei Maria?