Malen ist die Kunst der Langsamkeit. Wer ein gemaltes Bild betrachtet, entdeckt eine Welt ohne Worte, eine stille Sprache aus Farben, Werten, Lichtern, Leere und Fülle, aus Stoffen, die das Herz berühren. Wichtig ist, was das Herz zuerst berührt, denn die Malerei wendet sich in erster Linie an das tiefe Herz des Menschen. Die Malerei ist keine Illustration des Denkens, sondern ein eigenständiger Ausdruck, der durch die Augen in das Herz hinabsteigt. Die Malerei ist eine Kunst, die sich vom Herzen Gottes über das Herz des Künstlers bis zum Herzen des Betrachters ergießt, und zwar durch ein einfaches Mittel: ein wenig Tinte oder Öl und ein Medium, ein Blatt, eine Leinwand oder ein Stück Holz. Oder Papier, alle Arten von Papier, neues oder gebrauchtes. Ich mag Papier besonders, weil man es überall mitnehmen und finden kann. Es ist ein dünner Untergrund, der die Farbe schnell aufnimmt. Es verträgt Tempera, Öl und auch Tinte. Es ermöglicht Transparenz. Man kann es zerreißen und wieder zusammenkleben. Das Papier bringt dem Betrachter etwas Intimes, eine Art Notizbuch des Entdeckers. Ich mag Materialien, die mit Leben gefüllt sind, die von menschlicher Aktivität bewohnt sind, die Spuren des Lebens und der Zeit tragen, als wären sie weise geworden. Mein Atelier ist ein wahres Chaos, in dem ich diese Materialien mit Liebe betrachte, sie erforsche und mit ihnen spreche, damit sie mir sagen, wie ich sie befreien kann, damit sie die Herrlichkeit Gottes singen können.
Vincent Fournier, GEWAGT! 100 Jahre gegenwärtig, S. 62, 2024