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Thomas Thomas, Auferstehung, 2023
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Offen für das Unvorstellbare

Von den Farben fasziniert schweift der Blick kreuz und quer über die drei Blätter dieses Triptychons, um einen Anhaltspunkt für das Verstehen dieser expressiven Farbenfülle zu erhalten. Insbesondere die Seitenflügel geben neuartige Formen wieder, Verdichtungen, die man so vorher noch nicht gesehen hatte. Allen drei Darstellungen gemeinsam sind die offenen Kreise und die verschiedenfarbig gekritzelten Flächen, die sich ganz unterschiedlich entfalten. Zeichnerisch hat das Kritzeln seine ganz eigene Bedeutung: Es ist das Loslassen von der konkreten, körperhaften Form und das Sich-Hineinbegeben in einen vorbewussten Zustand, der offen ist für das Neue und Außer-Ordentliche.

Das mittlere Blatt lässt die Umrisse eines menschlichen Körpers erkennen: Kopf, Oberkörper, Becken, Beine und Knie, aber keine Arme. Die aufrechte, leicht nach vorn gebeugte Gestalt erscheint ohne Bezug zu einem weiteren Objekt vor dem hellen Hintergrund in einem schwebenden Zustand. Durch ihre Körperhaltung kann in ihr sowohl ein Gekreuzigter als auch ein aufgestellter Liegender gesehen werden. Die leeren Formen lassen auf eine vergangene Existenz schließen, die eine Verwandlung erfährt zu einer Fülle, die im neuen Element der Farbfelder ihren Ausdruck findet (vgl. 1Kor 15,51). So kann die Gestalt als eine geistige Existenz gesehen werden, die nur noch mit einem auslaufenden Strich wie mit einer Nabelschnur mit dem Irdischen verbunden ist. Im Innern nur Licht (gelb) und Leben (grün). Nichts Körperhaftes. Den Himmel im Rücken.

In den äußeren beiden Blättern findet sich die Kreisform des Kopfes wieder. Sie lässt in den personalisierten Gestalten engelhafte Wesen erkennen (vgl. Lk 24,4; Joh 20,12), welche die neue Lebensfülle ausstrahlen. Sie umrahmen ein einzigartiges, unvorstellbares, geradezu unglaubliches Geschehen: Jesus, der Gekreuzigte und Verstorbene lebt! Im zentralen Bild ist der Lebende sowohl in der Haltung des Gekreuzigten und im Tode Liegenden wiedergegeben wie auch als stehender, zum Leben auferweckter und von Leben erfüllter Mensch.

In seinem Leib keimt das Leben wie bei einem aus einem Samenkorn herauswachsenden Keimling. Es ist nicht das alte Leben, das zu neuem Leben erwacht. Das alte Leben, der alte Leib ist gestorben (vgl. 1Kor 15, 35-38). Doch genau dadurch konnte Neues entstehen: Neues Leben, neue Entwicklungen, neue Beziehungen und  Strukturen, symbolisiert durch die unaufhaltsam sich ausbreitenden Farben. Die Farben tanzen gleichsam durch das Triptychon, springen auf den Betrachter über und erfüllen ihn mit Freude.

Das Triptychon erzählt von der Erneuerungskraft, die der Auferstehung Christi innewohnt. Es zeugt von der gewaltigen Verwandlungsbereitschaft Gottes, aus Totem Lebendiges auferstehen zu lassen. Die drei Blätter wecken auch die Sehnsucht nach Verwandlung und Erneuerung in der Kirche hin zu einem geschwisterlichen Miteinander als Kinder Gottes aus der Besinnung auf die ursprünglichen Inhalte. Daraus wächst das Vertrauen in die Kraft Gottes, aus tot Geglaubtem Leben hervorbrechen zu lassen, das Unvorstellbare neue Wirklichkeit werden zu lassen und die Kirche Jesu Christi wieder zum Blühen und Strahlen zu bringen.

Patrik Scherrer, 08.04.2023

Thomas Thomas

Auferstehung
Entstehungsjahr: 2023
Pastell, Kohle auf Papier, je 59,4 x 42 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2024

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