im Raum dazwischen

„Kunst bleibt so lange totes Material, wie keinen Betrachter, keine Betrachterin hat, keinen Hörer, keine Hörerin, keine Leserin, keinen Leser. Kunst ist weder bei den Betrachter*innen noch im Werk selbst, sondern im Raum dazwischen. Und dieses Dazwischen wird spannend, wenn wir über Vermittlung reden, denn es geht um das Wahrnehmen des Dazwischen. Als Kunstvermittler haben wir die Hauptaufgabe, den Zwischenraum zu beschreiben oder ihn gemeinsam mit anderen Akteur*innen herauszufinden.“

Stefan Kraus, Kunstvermittlung beginnt mit dem Zeigen, Kunst und Kirche 1/2023, S. 32

Kunst ist Form gewordenes Spiel mit Inhalten

„Kunst ist Form gewordenes Spiel mit Inhalten. Sie ist Spiel, weil sie es sich leistet, nicht nach vorgegebenen äußeren Kriterien zu funktionieren, sondern ihre eigenen Regeln aufzustellen und nach inneren Gesetzmäßigkeiten zu fragen. Sie ist Form, da nur über die Form eine Mitteilbarkeit von Inhalten zu erreichen ist. Das ist wie in der Liturgie. Um Form zu werden, ist das Kunstwerk auf Material angewiesen. Material ist alles, was unserem Sinne zugänglich ist: Worte, Klänge, Bewegungen, Bilder, Stoffe, usw. Erst die Form verwandelt das Material in Kunst. Diese Verwandlung geschieht nicht zufällig, sondern folgt intuitiven oder bewusst gesetzten Entscheidungen und subjektiven Handlungen des Künstlers, die meist als Erfahrungen der Reduktion von Möglichkeiten über Jahre hinweg erarbeitet und präzisiert werden und gleichwohl das Prinzip des Zufalls beinhalten können. Die Verwandlung des Materials in Kunst ist weder planbar noch wiederholbar. Sie stellt sich als Kongruenz von Form, Material und Inhalt ein. Diese Kongruenz bildet eine offene und ambivalente Sinnstruktur.“

Stefan Kraus, Formate bestimmen die Inhalte. Kunstbetrieb, Kunst und Kunstvermittlung, Berlin 2016

Kunst öffnet zum Unendlichen hin

„Gute Kunst öffnet sich über die Grenzen der Darstellung zum Unendlichen hin und offenbart etwas von der unsichtbaren Seite dieser Welt.“

Patrik Scherrer

Kunst erhebt und beseligt

„Die Kunst ist die irdische Schwester der Religion. Wenn wir ein Herz haben, sie zu vernehmen, dann werden wir erhoben und beseligt.“

Adalbert Stifter

das Geheimnisvolle

„Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist so gut wie tot und seine Augen erloschen.“

Albert Einstein, „Mein Weltbild“, 1934

echte Kunst

„Jede echte Kunst ist oder war in ihrer Zeit modern, herausfordernd und neu, wies hin auf den dauernden Wandel im Sehen und Fühlen.“

Josef Albers, Homage to the Square

die Schönheit

„Ohne die Schönheit wäre die Kunst gar nichts. Denn Kunst ist eigentlich nicht die interessanteste Art und Weise, etwas über die Welt zu erfahren. Literatur und Journalismus können viel besser informieren. Aber die Kunst ist gut im Zeigen.“

Jeff Wall

der Gesellschaft dienen

„Die wichtigste Aufgabe der Kunst ist es, der Gesellschaft zu dienen.
Künstler schaffen Verbindungen zwischen der Gesellschaft und der Zukunft.“

Marina Abramovic

kultivieren, beschenken, beeindrucken, erweitern

„Die Künstler kultivieren unsere Sinnlichkeit, beschenken unsere Augen und Ohren mit Nie-Gesehenem, Unerhörtem, beeindrucken unser Gemüt und erweitern unser Denken.“

Peter B. Steiner

Kommunikationsstörung

„Zeitgenössische Kunst ist oft so etwas wie eine bewusst herbeigeführte Kommunikationsstörung und gerade dadurch Ausdruck des Wunsches nach besserem Verständnis und besserer Kommunikation.“

Peter F. Schmid, Universitätsdozent für Pastoraltheologie in Graz, 2004

mehr als das fertige Bild

„Nicht das fertige Werk ist der höchste Ausdruck von wahrer Kunst, sondern der Strom der Gedanken, Absichten und Träume des Schaffensprozesses zu einem Bildnis dazu gehören, wie die Seele zum Menschen. Je mehr das fertige Bild dem Betrachter von diesem Hintergrund vermittelt, desto werthaltiger ist das Kunstwerk.“

Bernd Schäfer nach Erich Schickling

dem Transzendenten in uns innewerden

„Mir ist wichtig, den geheimen Sinn, der in uns angelegt ist, durch die Malerei zu erhellen. Unmittelbar ist immer wieder das Glas das Medium, welches mich fasziniert, nicht Abbilder zu schaffen, sondern im Gleichnis des Transzendenten in mir und in allem innezuwerden.“

Erich Schickling

Das echte Verhalten vor dem Kunstwerk

“Was … beim Auffassen des Kunstwerkes gefordert wird, ist nicht nur ein Sehen oder Hören, wie bei den Gegenständen der Umgebung sonst; gar ein Genießen und Sich-Vergnügen, wie bei irgendeiner Erfreulichkeit. Das Kunstwerk öffnet vielmehr einen Raum, in welchen der Mensch eintreten, in dem er atmen, sich bewegen und mit den offen gewordenen Dingen und Menschen umgehen kann. Darum muss er sich aber bemühen – und damit wird, an einem besonderen Punkt, jene Aufgabe deutlich, die für uns Heutige so dringlich ist wie kaum eine sonst, die Kontemplation. Wir sind Aktivisten geworden und Stolz darauf; in Wahrheit haben wir verlernt, still zu werden, uns zu sammeln, zu öffnen, zu schauen und die Wesenheiten aufzunehmen. Darum haben auch, trotz allen Redens von Kunst, so wenige ein echtes Verhältnis zu ihr. Die meisten fühlen wohl irgendetwas Schönes; oft kennen sie Stile und Techniken; manchmal suchen sie auch nur nach stofflich Interessantem oder sinnlichen Anreizendem. Das echte Verhalten vor dem Kunstwerk besteht darin, dass man still wird, sich sammelt, eintritt, mit wachem Sinn und offener Seele schaut, lauscht, miterlebt. Dann geht die Welt des Werkes auf.”

Romano Guardini, Über das Wesen des Kunstwerks, Tübingen 9/1965, S. 30f.

Gedanken- und Resonanzraum

Kunst vermag Gedankenräume zu schaffen, die frei sind von jeglichem funktionellen oder alltäglich zweckgebundenen Wollen, Kunst kann Resonanzraum sein für unsere Fragen und unsere Gedanken. Sie ist, wie schon Max Reinhardt konstatierte, ein „Lebensmittel“.

Sabrina Faulstich

Authentizität berührt

„Kunst kann nur berühren, wenn sie authentisch ist und aus dem Innern des Künstlers kommt.“

Hanna Gagel, So viel Energie. Künstlerinnen in der dritten Lebensphase, Berlin 2005, S. 221

Öffnung und Konzentration

“Um eine Form der Öffnung geht es immer. Künstlerisches Tun ist ein permanentes Erweitern des weltlichen Raumes, seine Ausreizung und Relativierung. Ja, die beiden Ansätze, das Spirituelle und das Ästhetische bewirken eine Öffnung, aber ebenso wichtig ist, dass sie auch eine Konzentration auf das unmittelbar Vorhandene forcieren. Sie befreien von der Zerstreuung, verhelfen zur Genauigkeit, zur Achtsamkeit. Das müssen wir lernen.”

Bischof Hermann Glettler im Gespräch mit Leo Zogmayer, in „das münster“ 1/2021, S. 66

Widerstandskämpfer und Fluchthelfer

„Sind Kunst und Religion nicht beides zugleich – einerseits die berufenen Widerstandskämpfer gegen die vielfältigen Entstellungen und Banalisierungen des Lebens und andererseits die beglückendsten Fluchthelfer, um raus zu kommen? Raus aus einem persönlichen Elend oder raus aus einer Welt, deren Ungerechtigkeit unerträglich geworden ist?“

Bischof Hermann Glettler im Gespräch mit Leo Zogmayer, in „das münster“ 1/2021, S. 65

sensibler machen

„Die Kunst schließt Wirklichkeiten auf, indem sie uns sensibel macht für die Empfindungen anderer, offen für neue Weisen, die Welt zu erfahren.“

Michael Hauskeller, Was ist Kunst?, in: Scheidewege 29, 1999/2000, S. 206

Blick des Künstlers

„Die Wirklichkeit ist so vielgestaltig, dass wir sie überhaupt nicht kopieren können. Jede Darstellung ist eine Auswahl: wenn sie etwas wiedergibt, dann den Blick, den der Künstler auf die Welt geworfen hat und an dem er uns nun teilhaben lässt. Ein Künstler stellt niemals etwas dar (wenn er etwas darstellt), ohne es zugleich als etwas darzustellen. Er zeigt uns dann nicht die Welt, sondern er lehrt uns, sie in bestimmter Weise neu zu sehen.“

Michael Hauskeller, Was ist Kunst?, in: Scheidewege 29, 1999/2000, S. 200

Bereicherung

„Ein neues Bild ist ein einmaliges Ereignis, eine Geburt, die das Weltbild, wie es der Menschengeist erfasst, um eine neue Form bereichert.“

Henri Matisse