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Hans Thomann, ohne Titel, 2011
© Hans Thomann

Bezwingbar?

Ein ungewöhnliches Zusammentreffen: die feingliedrige Gestalt des Gekreuzigten inmitten dieser Schraubzwingen. Beide Akteure sind uns aus anderem Umfeld gut bekannt. Der geschnitzte Jesuskorpus hängt normalerweise an einem Kreuz in den Wohnungen. Die Schraubzwingen werden in Werkstätten zum Zusammenhalten oder –pressen von Holz, Metall etc. verwendet.

Für diese Arbeit wurden sie in eine neutrale Umgebung versetzt und geringfügig zweckentfremdet. Der Jesuskorpus schwebt losgelöst vom Kreuz in der Waagrechten, fast möchte man an eine Grablegung denken. Die sieben Schraubzwingen umgeben den Korpus wie ein Zwinger. Sie umschließen ihn wie ein Gitterkäfig, halten ihn wie Fesseln, foltern ihn mit Druck und Gewicht. Dabei sind fünf Schraubzwingen an seinem Körper angesetzt, zwei von ihnen dienen der Stabilisierung.

Was für ein Gegensatz: Zerbrechliches Naturmaterial zwischen den Metallzwingen, bei denen sich der Druck stufenlos erhöhen und halten lässt. Sinnbild für den zerbrechlichen Menschen, der durch Machtinstrumente anderer Menschen in grausame Bedrängnis gekommen ist. Die Schraubzwingen stehen für alles, was sich an uns festgemacht hat, an uns angesetzt worden ist und wie auch immer Druck auf uns ausübt. Wer schon mal Schraubzwingen in der Hand gehabt hat, weiß, wie fest sie angezogen werden müssen, damit sie halten und nicht herunterfallen, wie schwer sie gerade an feinen Gegenständen zu befestigen sind.

Die Aufgabe der Schraubzwingen ist es Druck auszuüben, etwas so in eine Position zu zwingen, dass es kein Auskommen mehr gibt. Bei zu viel Druck gibt es nicht nur Druckstellen, der eingeklemmte Gegenstand zersplittert und zerbricht. Bei dieser Installation scheinen die Druckverhältnisse ausgeglichen. Die Jesusfigur wird von den Schraubzwingen so gehalten, dass nichts an ihr zerbricht. Damit vermag die Installation daran zu erinnern, dass Jesus bei der Kreuzigung die Beine nicht gebrochen wurden, weil er schon tot war (Joh 19,33).

Gleichzeitig ist in der Übermacht dieser martialischen Folterinstrumente seine Ohnmacht zu spüren, sein ausharrendes Leiden in dieser ausweglosen Situation. Während er den Kopf leicht gebeugt hält, umgeben die Zwingen den geradezu kleinen Holzkorpus hart und stetig. In der schwarzen Farbe schwingt das Dunkle des Bösen mit, das glänzende Metall erinnert an Rüstungen, die roten Griffe an das Teuflische in den Handlungen derer, die so etwas machen, an das Leid, das sie bereiten, das Blut, das sie vergießen.

Aus ihnen spricht die Macht, den Jesuskorpus wie ein Streichholz zu knicken. Doch der mit ausgestreckten Armen Daliegende stemmt sich ihnen mit der in ihm ruhenden Kraft entgegen. Diese unsichtbar in ihm gegenwärtige Kraft gibt ihm den inneren Halt, allen Bedrohungen und Zwängen standzuhalten und sie auszuhalten. Die Installation lässt spüren: die Gegner sind vielleicht mächtig, sie bedrängen Jesus sehr, aber bezwingen werden sie ihn nie.

Patrik Scherrer, 17.03.2012

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