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Hans Thomann, Treffpunkt, 2016
© Hans Thomann

getroffen – betroffen

Zwölf Dart-Pfeile sind auf eine Figur des Gekreuzigten geworfen worden, neun haben seinen Körper getroffen und „nageln“ ihn auf dem weißen Untergrund fest. Die Pfeile erscheinen im Vergleich größer als die Figur des Gekreuzigten. Übermächtig an Größe und an Zahl dominieren sie das Geschehen – und wären doch nur ein Geschicklichkeitsspiel, wenn sie nicht Jesus als Ziel gehabt hätten.

So wird eine Hinrichtungsart aus der Zeit der Römer ins Zentrum eines harmlosen Wurfspiels unserer Zeit gestellt und eine Grausamkeit geschaffen, bei der man gar nicht richtig hinschauen kann. – Es tut weh, den Leib Jesu von diesen Pfeilen durchbohrt zu sehen, es schmerzt richtig, ihn an Händen, Füssen und anderen Körperstellen getroffen und festgenagelt zu sehen. – Vielleicht braucht es diese Verfremdung und dieses in-einen-neuen-Kontext-Stellen der Kreuzigung Jesu, um durch Gefühle wie Empörung, Entrüstung, Abscheu, etc. Betroffenheit und eine Re-Aktion auszulösen.

Denn „man wirft nicht mit Dartpfeilen auf einen religiösen Gegenstand wie die Figur des gekreuzigten Jesu. So etwas macht man nicht. Das ist pietätlos.“ – Aber trifft es nicht den Kern einer jeden Kreuzigung, einer jeden mutwilligen Tötung von Menschen, dass damit das Recht auf Leben genommen wird, dass damit das 5. Gebot mit Füßen getreten wird, nicht zu töten?

Zwölf rote Pfeile hat der Künstler für seine Arbeit verwendet. Symbolische zwölf, weil diese Menge eine erhabene Zahl darstellt, eine Fülle, die von alters her alles und alle impliziert. Jeder von uns ist durch seine Unvollkommenheit und Fehler ein potentieller Pfeil, der Jesus und mit ihm Gott trifft und verletzt. Die rote Farbe der Flights, wie die kreuzförmigen Flugstabilisatoren der Pfeile heißen, mag als Hinweis auf das leidenschaftliche Engagement gedeutet werden, wenn es um die Verteidigung eigener Meinungen, Rechte oder auch des eigenen Lebens geht. Man sieht dann oft nur noch „rot“ und handelt aus dem Affekt.

Die künstlerische Arbeit lässt darüber nachdenken, mit was für „Pfeilen“ wir um uns schießen. Mit welchen Worten und Haltungen verletzen wir Menschen in unseren Lebensbereichen, nageln wir sie fest und machen wir sie damit vielleicht handlungsunfähig? Denn alles, was wir wie auch immer den Geringsten unter uns zukommen lassen, machen wir für Jesus oder gegen ihn (vgl. Mt 25,40.45) – und treffen ihn damit – wie mit Pfeilen.

Patrik Scherrer, 25.03.2016

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