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Hans Thomann, Blind date, 2017
© Hans Thomann

Sich in den Frieden retten

Bilderrätsel haben es so an sich, dass ihre Elemente für den Betrachter nur Vermittler zur wesentlichen Botschaft sind. Diese ist unter den Zeichen verborgen und wird erst durch das Enträtseln des Symbols sichtbar.

In der vorliegenden Arbeit bildet der Bildausschnitt eines wie zufällig unter einem Fluchtwegschild an die Wand gelehnten Blindenstocks den Anreiz, dem Bildrätsel nachzugehen und die eigenartige Erscheinung zu ergründen. Zuerst mag auffallen, dass die Zeichen auf dem Schild verändert worden sind. Anstelle des rechteckigen Symbols für die Tür ins Freie hat der Künstler das Symbol für “peace” – Frieden gesetzt. Die Botschaft des Schildes heißt jetzt in etwa “Suche den Frieden” oder “Dein Fluchtweg ist der Frieden”, “Rette dich in den Frieden”.

Dass diese Suche des Friedens, dieses aus den mit Unfrieden angezündeten und brennenden Häusern, Räumen und Gemeinschaften Flüchten nicht so einfach ist wie auf dem Schild dargestellt, darauf weist der Blindenstock hin. Der Friede ist da, doch wie Blinde sehen wir ihn meistens nicht. Wir vermögen ihn oft nicht zu erkennen und suchen ihn wie Blinde mit den verschiedensten Hilfsmitteln, vor allem in Notsituationen, eben wenn Unfrieden im Haus ist und sein zerstörerisches Unwesen treibt.

Und doch ist der Frieden so nah. Er könnte bei mir beginnen. Es liegt in meiner Hand, es gehört zu meinem Vermögen, Frieden zu stiften. Ja, ich kann Friedensstifter sein, doch gleichzeitig ist es schwer, den Frieden zu bewahren und nach einem Bruch wiederherzustellen. Er ist so zerbrechlich …, gerade bei großer Unzufriedenheit und starken Zerwürfnissen scheint der Frieden oft eine Sehnsucht zu bleiben. Und obwohl die Sehnsucht nach Frieden grenzenlos ist, obwohl man ihn sich wie nichts anderes wünscht, tappt man bei der Suche oft im Dunkeln.

Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb u.a. die katholischen Gottesdienste wesentlich vom Erbarmen Gottes geprägt sind, das in allen Beziehungen Vergebung und Versöhnung ermöglicht. Jesus ist der Friedensstifter, der durch seine Hingabe alles Trennende wegnimmt und die Basis schafft für neue Beziehungen. Er sagt den Gläubigen zu: „Frieden hinterlasse ich Euch, meinen Frieden gebe ich euch,“ und „Gehet hin in Frieden.“

Im Gleichgewicht mit Gott und sich selbst kann das Kunststück gelingen, rücksichtsvoll zu all jenen in unserer Gesellschaft zu sein, die nicht der Norm entsprechen, ja ihnen sogar zuvorkommend zu begegnen. Frieden beginnt im zwischenmenschlichen Bereich in der gegenseitigen Achtung, im behutsamen Umgang miteinander, im Bemühen, niemanden zu verletzen, usw. Der Blindenstock erinnert uns daran, dass wir dafür immer wieder unsere Umgebung nach „Hindernissen abtasten“ und ihnen gegebenenfalls ausweichen müssen, damit der Friede bewahrt wird und niemand zu Schaden kommt. Es liegt an uns, den Frieden zu „retten“ und ihn Tag für Tag „in Sicherheit zu bringen“ vor allen zerstörerischen Kräften. Gott hat uns alle Fähigkeiten dazu gegeben.

Patrik Scherrer, 17.03.2018

Kommentare

2 Antworten auf „Sich in den Frieden retten“

  1. Liebe Frau Winzeler,
    vielen Dank für Ihre anerkennende Rückmeldung. Das freut mich, wenn die Bild-Impulse “Außerordentliches” im Alltag bewirken.
    Herzliche Grüße und alles Gute, Patrik Scherrer

  2. Guten Tag
    Ich finde Ihre Bildimpulse der Woche sehr wertvoll und anregend. Sie reissen mich jeweils kurz aus dem Hamsterrad der Büroarbeit und erinnern daran, dass es auch etwas anderes gibt als wie wild auf der Tastatur herumzutippen. Danke.

    Freundliche Grüsse
    Kathrin Winzeler

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