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Hans Thomann, Kontakt, 2006
© Hans Thomann

Kontakt

Auf der großen Bildtafel begegnet uns eine Fülle von in Blautönen gehaltenen Einzelszenen. Was stellen sie dar? Durch die verschwommenen Formen bleibt das auf den 96 quadratischen Fotografien Gezeigte geheimnisvoll verhüllt oder entrückt. Distanz! Doch trotz aller Unschärfe weisen die weichen Schattierungen auf menschliche Körperteile hin, die stark vergrößert, sehr nahe und nur ausschnittweise fotografiert wurden. Nähe! Diese Detailaufnahmen sind wie Teile eines rätselhaften Puzzles, in welchem der Mensch in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen angedeutet wird. Alle zusammen ergeben ein ungewöhnliches Ganzes, das mit dem Betrachter Kontakt aufnimmt, mit ihm ins Gespräch kommt.

In der Spitalkirche, in der das Bild hängt, ist das etwas ganz Wichtiges. Menschen, die sich hier einfinden, machen meist eine leidvolle Phase durch. Jede Krankheit und jede Operation birgt in sich viel Ungewissheit und Angst. Das geschliffene Acrylglas spiegelt die Unklarheit des Danach. Die Hoffnung auf Gesundung und Heilung ist da. Doch ohne Durchblick braucht es viel Zuversicht und Vertrauen in die Ärzte, die PflegerInnen und die Medizin, ein gläubiges Schauen über das jetzt Sichtbare hinaus. Die Blautöne des Bildes mögen die Zwiesprache mit dem Himmel eröffnen, das Gebet zu Gott erleichtern.

Der nach Halt suchende Blick vermag mit der Zeit auf den Fotos Nahaufnahmen von Händen zu entdecken. Tatsächlich hat der Künstler Hände von Ungeborenen bis zu Sterbenden ins Blickfeld gebracht. Hände, die berühren, Verbundenheit zeigen, streicheln, beten, helfen, arbeiten, trösten, schützen …

Neben den Augen hängen unsere Handlungen wesentlich von unseren Händen ab. Mit den vergrößerten Bildausschnitten und Handteilen werden einzelne Schicksale stellvertretend hervorgehoben und gleichzeitig in ein großes Ganzes eingebettet. So reihen sich Einzelschicksale, die sich ähnlich sind, aneinander, neben- und übereinander. Eine mit Krankheit und Tod ringende Schicksalsgemeinschaft findet sich in diesem Raum und vor diesem Bild zusammen, um in Gemeinschaft mit Jesus Christus, der Leid und Tod überwunden hat, Kraft zu schöpfen.

„Kommt alle zu mir, die ihr Euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“, verkündigte Jesus (Mt 11,28). Er hatte keine Berührungsängste und legte den Kranken seine göttlichen Hände auf (8,15; 9,25), sie rettend (14,31), heilend (4,23; 9,29), segnend (19,13-15).

Über die Momentaufnahmen der Hände hat der Künstler mit malerischen und zeichnerischen Mitteln eine zweite, diesmal dynamische Ebene gelegt. In einer leichten Aufwärtsbewegung durchquert diese künstlerische Intervention das Bild von links nach rechts. Mit dem blauen Rechteck und der weißen, nach rechts auslaufenden Übermalung ist auf der linken Seite ein starker Akzent gesetzt, der auf der rechten Seite von ansteigenden Linien aufgenommen und fortgesetzt wird. Weiße Farbspritzer begleiten diese Bewegung, die Zeit und Krankheit, den operativen Eingriff und heilende Prozesse zur Sprache bringen. Übrig bleiben Narben und Einschränkungen, die das wiedergewonnene Leben zeichnen, aber nicht mehr wie vorher zudecken. Das tröstet und stärkt die Hoffnung, bald selbst wieder handeln zu können.

Patrik Scherrer, 30.09.2006

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